388 Mebersicht der politischen Entwichelung des Jahres 1898.
Gesamtkontingents der Brennereien, die dem Kartoffelbau im OÖsten
Deutschlands zu Hilse kommen sollte. — Die Reichstagswahlen.
die ohne besondere Erregung vollzogen wurden, ergaben keine wesent-
lich andere Zusammensetzung des Hauses als bisher.
Preußen. Die Hauptergebnisse der legislatorischen Arbeit in Preußen
waren die Erneuerung des Hundertmillionenfonds für deutsche An-
siedlungen in Posen und Westpreußen, der zwar nicht ohne leb-
haften Widerspruch durchging, aber nicht dieselben leidenschaft-
lichen Kämpfe wie vor zwölf Jahren entfeffelte, ferner ein Gesetz
über die Regelung des Diensteinkommens beider Konfessionen, die
Anderung der Disziplinarverhältnisse der Privatdozenten, die aber-
malige Erhöhung des Kapitals der Centralgenossenschaftskasse und
das Komptabilitätsgesetz. — In den Wahlen zum Abgeordneten-
hause verloren die beiden konservativen Fraktionen einige Sitze.
der politische Charakter des Hauses wurde aber dadurch nicht ver-
Bundes-ändert. — In den beiden nächsten größeren Bundesstaaten Bayern
stoaten und Sachsen wurde das Vereins- und Versammlungsrecht geändert
und den politischen Vereinen gestattet, untereinander in Verbin-
dung zu treten; in Württemberg schlug der Versuch, die Verfassung
zu reformieren, nach langen eingehenden Beratungen fehl. Dagegen
gelangte ein Gesetz über die Ausübung der landeskirchlichen Rechte,
falls der König einer anderen als der evangelischen Kirche ange-
höre, zur Verabschiedung. — Was die übrigen Bundesstaaten an-
geht, so hat die Thronfolgefrage in Lippe-Detmold noch keine end-
gültige Regelung gefunden, da Lippe-Schaumburg gegen die Nach-
folge der Nachkommen des jetzt regierenden Graf-Regenten protestiert.
Differenzen zwischen dem Kaiser und dem Regenten in dieser An-
gelegenheit kamen durch eine Indiskretion an die Offentlichkeit
und erregten die öffentliche Aufmerksamkeit in hohem Grade
(S. 141, 172).
Par- Wie schon erwähnt, haben die Wahlen unter den Parteien
leien keine große Verschiebung der Besitzverhältnisse hervorgerufen. Im
preußischen Landtag haben Linke und Zentrum einige Sitze ge-
wonnen, die Nationalliberalen und Freikonservativen mehrere ein-
gebüßt. Im Reichstag haben die Sozialdemokraten einige Man-
date erobert, doch blieben ihre Erfolge hinter ihren Erwartungen