Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (März 23./26.) 87
welche Orte, selbst diejenigen, welche wir befestigen wollen, so zu befestigen,
daß sie dem Angriff einer modernen Schlachtflotte zu widerstehen im stande
sind. Ich habe das an einem Beispiel auch näher erläutert und habe
daraus die weitere Bedeutung der Schlachtflotte abgeleitet, daß sie den
Gesamtwert jeder einzelnen Küstenbefestigung entsprechend hebt; denn erst
muß doch unsere Schlachtflotte niedergekämpft sein, ehe der Feind mit
seiner Flotte an unsere Städte heran kann, und ich glaube, wenn er diese
Schlachtflotte, die hier im Gesetz vorgesehen ist, niedergekämpft hat, dann
wird er erheblich schwächer sein und wir werden mit erheblich schwächeren
Befestigungswerken demzufolge auch an den wichtigeren Punkten auskommen
Können.
Meine Herren, der Herr Vorredner ist sodann übergegangen auf die
Auslandsschiffe und glaubte, nachweisen zu können, daß wir nach dieser
Richtung hin nichts thäten. Zunächst möchte ich dagegen sagen, daß die
einfache Thatsache der Annahme dieses Gesetzes die Bedeutung unserer Aus-
landsschiffe schon um ein Bedeutendes hebt, und daß weiter, wenn diese
Schlachtflotte vorhanden sein wird und Deutschland die Seegeltung haben
wird, die damit verknüpft ist, und die es jetzt nicht hat, dann jeder Kreuzer
und jedes Kanonenboot, welches wir jenseits der Meere schwimmen sehen,
einen ganz anderen Charakter, eine ganz andere Bedeutung repräsentiert.
Aber auch die Zahlenangabe, die der Herr Vorredner gemacht hat, ist
durchaus nicht richtig. Wir sollen nach dem Gesetz 42 Kreuzer besitzen und
besitzen zur Zeit 33, es fehlen also 9 Kreuzer, und von diesen 9 Kreuzern,
wenn man sie auf beide Gruppen verteilt, gehen 5 auf die Schlachtflotte
und 4 auf das Ausland. Das war vorgesehen, meine Herren. Der Herr
Vorredner würde auch in der Begründung des Gesetzentwurfs gefunden
haben, daß die Schlachtflotte in demselben Prozentsatz gehoben ist, wie wir
die Auslandsflotte gehoben haben, d. h. die ganze Flotte ist eben gleich-
mäßig in allen ihren Gliedern gehoben worden. Die weiteren Argumente,
die der Herr Redner geglaubt hat, gegen die Gesetzesvorlage anführen zu
müssen und gegen die Richtigkeit unseres Vorgehens und gegen ihren
materiellen Inhalt, gründen sich auf eine Reihe von Citaten aus alten
Denkschriften. Ich habe mir schon bei der ersten Lesung auszuführen er-
laubt, daß ich es für zweckmäßiger gehalten habe, mich bei meinen Dar-
legungen an das wirkliche Bedürfnis, an das wirklich Notwendige für
unser Vaterland zu halten, anstatt alte Denkschriften in den Vordergrund
zu schieben. Ich möchte aber doch hier mitteilen, daß der General von
Stosch das jetzige Vorgehen und diese Vorlage gekannt hat; er hat sie
nicht genau in dieser Form gekannt, aber in ihrem Inhalt. Ich habe
mit ihm bis kurz vor seinem Tode korrespondiert und habe noch einen Tag
vor seinem Tode einen Brief von ihm, worin er zustimmt (hört! hört!)
dem Maße und der Art von Seestreitkräften, die hier in dem Gesetze ge-
fordert werden. Was meinen Amtsvorgänger anbetrifft, so habe ich ja
mit Zahlen nachgewiesen, daß er genau dieselben Typen vorgeschlagen hat
und für richtig hielt, die zur Zeit die Marineverwaltung für richtig hält
und die am 1. April in Bau gegeben werden sollen, falls das hohe Haus
sich entschließen sollte, diese Vorlage zu bewilligen. Ja, meine Herren,
wenn diese positiven Angaben nichts helfen, dann, glaube ich, wird meine
Redekunst überhaupt zu schwach sein, um den Herrn Vorredner zu über-
zeugen. Meine Herren, der Herr Vorredner hat vorhin darauf hinge-
wiesen, daß die Marineverwaltung im allgemeinen und im besonderen kein
Vertrauen verdient. Als ich von Asien zurückgerufen wurde und in
Amerika die ersten deutschen Zeitungen bekam — noch gar nicht orientiert
über unsere Verhältnisse —, da wehte mir bereits dieses Mißtrauen ent-