Das Dentsche Reit und seine einzelnen GSlieder. (Juni Ende.) 121
Ende Juni. Preßdebatten über das persönliche Regiment.
Durch die Presse geht die Nachricht über eine Unterhaltung des
Kaisers mit den Ehrenjungfrauen bei seinem Aufenthalt in Krefeld (S. 115).
Der Kaiser sagte, er freue sich über die schönen Mädchengestalten und die
reizenden Krefelder Gesichter. Dann fragte er, wie oft die Damen tanzten
und ob auch die Leutnants viel mit ihnen tanzten. Als die Damen er—
widerten, in Krefeld gebe es keine Leutnants, sagte der Kaiser launig,
dann wolle er ihnen welche herschicken.
Diese Aeußerung wird namentlich von den „Hamburger Nachrichten“
und der „Freisinnigen Zeitung“ kritisiert; sie zeige, daß die politischen
Angelegenheiten nicht nach sachlichen Motiven, sondern nach persönlichen
Regungen geleitet würden. Diese Anschauung wird vielfach verspottet, die
„Berliner Politischen Nachrichten“ führen aus, daß die Verlegung des
Düsseldorfer Husarenregiments nach Krefeld längst erwogen worden sei.
Ende Juni. (Bayern.) Konflikt der Universität Würzburg
mit der Unterrichtsverwaltung.
Am 26. Juni wird in der Abgeordnetenkammer ein Konflikt zwischen
den Würzburger Professoren Chroust und Brenner erörtert. Dabei erklärt
Kultusminister v. Landmann: Es ist bedauerlicherweise zu einem Be-
leidigungsprozeß zwischen den Professoren Chroust und Brenner gekommen.
Das Ministerium hat wiederholt den Versuch gemacht, diese Sache aus-
zugleichen, der Versuch ist aber nicht gelungen, und nunmehr haben sich
die Herren gegenseitig verklagt. Als Behelf für diesen Beleidigungsprozeß
wünscht nun Chroust gewisse Schriftstücke herauszubekommen. Nachdem
ihm die Herausgabe verweigert worden war, hat er seinen Rechtsanwalt
zu Hilfe genommen. Darüber ist natürlich im Senat eine sehr gereizte
Stimmung entstanden und am Schlusse des Senatsberichtes ist nun aller-
dings die Meinung ausgesprochen, daß die Schuld an dieser leidigen An-
gelegenheit auf seiten des Professor Chroust liegt, wenn auch nach Ansicht
einiger Senatsmitglieder seine durch die kurz vorher spielenden Vorkomm-
nisse verursachte Gereiztheit als mildernder Umstand in Betracht kommt.
Nach der Ueberzeugung des akademischen Senates sei durch die Art und
Weise, wie Professor Chroust gegen Professor Förster, gegen die philo-
sophische Fakultät und den Senat vorgegangen ist, das Interesse der Kor-
poration schwer geschädigt und ein gedeihliches Zusammenwirken an unserer
Universität für die Zukunft ausgeschlossen. Nun, meine Herren, ich nehme
an, daß dieser Senatsbericht vielleicht doch noch eine Korrektur erfahren
wird. Der Senatsbericht ist erst veranlaßt worden, wie ich bereits erwähnt
habe, dadurch, daß Chroust dem Senat mittelst eines Rechtsanwaltes zu
Leibe gegangen ist, was auch im Privatleben unter Umständen schmerzlich
empfunden wird, so auch von einer Korporation.
Hierauf überreicht der Senat der Universität Würzburg dem Kultus-
ministerium folgenden Beschluß (28. Juni):
Das vorgesetzte Staatsministerium hat in der Streitsache Chroust
dem Senat der kgl. Universität Würzburg in öffentlicher Kammerverhand-
lung Befangenheit und Mangel an Objektivität vorgeworfen. Wir prote-
stieren gegen diese durch nichts gerechtfertigten, vielmehr mit der Aktenlage
in direktem Widerspruch stehenden Anklagen. Angesichts solcher Vorwürfe
können wir es nicht mehr mit unserer Ehre vereinbaren, die Geschäfte der
Universität weiter zu führen, und bitten daher um Enthebung von unserem
Amte im Senat.
Gez.: M. v. Schanz, v. Burckhard, G. Schanz, Hofmeier, v. Frey,
Stöhr, Voß, Meurer, Wilcken, Brenner.