Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Achtzehnter Jahrgang. 1902. (43)

68 Das Betse Reicz und seine einjelnen Glieder. (April Ende.) 
Abg. Bassermann (ul.): Die Vorlage habe keine prinzipielle Bedeutung 
und bedeute keinen Verzicht auf das Verlangen nach allgemeinen Diäten; 
sie solle nur die Arbeiten der Zollkommission erleichtern. Abg. Richter 
(fr. Vp.) greift die Vorlage scharf an, weil sie die Einführung allgemeiner 
Diäten erschwere. Abg. Frhr. v. Hertling (3.) ist für die Kommissions- 
Diäten, namentlich im Interesse der süddeutschen Mitglieder. — Die Vor- 
lage wird der Budgetkommission überwiesen. 
Ende April. Mit Bezug auf die Gerüchte über die Ver- 
handlungen der großen deutschen Reedereien mit amerikanischen 
Trusts (vgl. S. 23) veröffentlichen die Hamburg-Amerika-Linie und 
der Norddeutsche Lloyd folgende Mitteilung: 
Ueber den zwischen den beiden großen deutschen Schiffahrts-Gesell- 
schaften und dem amerikanisch-englischen Syndikat abgeschlossenen Vertrag 
sind bereits einige, den Inhalt desselben in großen Zügen charakterisierende 
Mitteilungen in die Oeffentlichkeit gelangt. In Ergänzung dieser Angaben 
wird von den beiden deutschen Gesellschaften Wert darauf gelegt, nochmals 
betont zu sehen, daß sie es abgelehnt haben, dem amerikanisch-englischen 
Syndikat beizutreten, um in jeder Beziehung ihre Unabhängigkeit zu 
wahren. Um so weniger Bedenken konnten aber bestehen, mit dem Syn- 
dikat Vereinbarungen zu treffen, welche unter voller Aufrechterhaltung der 
Selbständigkeit der deutschen Linien eine Abgrenzung der beiderseitigen 
Interessensphären und den Ausschluß eines unter Umständen für beide 
Teile ruinösen Konkurrenzkampfes zum Gegenstande haben. Unter den 
hierauf bezüglichen Abmachungen geht die für die deutschen Interessen 
wichtigste dahin, daß die Syndikatslinien sich für die ganze auf 20 Jahre 
bemessene Dauer des Vertrages verpflichtet haben, ohne Einverständnis der 
deutschen Linien mit keinem ihrer Schiffe nach einem deutschen Hafen zu 
kommen, wogegen die deutschen Gesellschaften die Verpflichtung übernommen 
haben, ihren gegenwärtigen Verkehr von England nicht über ein bestimmtes 
Maß hinaus zu erweitern. Daneben sind noch eine Reihe von anderen 
Vereinbarungen getroffen worden, welche bestimmt sind, jeder Konkurrenz 
zwischen den beiden großen Gruppen, dem amerikanisch- englischen Syndikat 
und den deutschen Gesellschaften, von vornherein vorzubeugen. Um diesen 
Vereinbarungen die praktische Wirkung in ganz besonderem Maße zu 
sichern, sind Bestimmungen vorgesehen, durch welche jede der beiden Gruppen 
an den finanziellen Erfolgen der anderen Gruppe bis zu einem gewissen 
Grade interessiert wird, sodaß schon die Rücksicht auf das eigene Wohl es 
jeder Partei verbietet, mit der anderen in Wettbewerb zu treten, wobei 
jedoch der Erwerb von Aktien der deutschen Gesellschaften seitens des Syn- 
dikats und umgekehrt verboten ist. Im übrigen ist ein freundschaftliches 
Zusammenwirken beider Gruppen vereinbart, welches unter anderem in 
der gegenseitigen Unterstützung konkurrierenden dritten Parteien gegenüber 
sowie in gegenseitiger Aushilfe durch Vercharterung von Dampfern in 
Bedarfsfällen seinen Ausdruck finden wird. Zur Erledigung aller die ge- 
meinsamen Interessen beider Gruppen berührenden Fragen, zu denen ins- 
besondere auch die ökonomischere Ausnutzung des vorhandenen Schiffs- 
materials zu rechnen ist, wird ein aus zwei Vertretern des amerikanisch- 
englischen Syndikats und zwei Vertretern der deutschen Gesellschaften be- 
stehendes Komitee eingesetzt werden. Dem Charakter der ganzen Verein- 
barung entsprechend wird dieses Komitee keine Exekutivgewalt haben, son- 
dern die an dasselbe gelangenden Angelegenheiten im Wege freundschaft- 
licher Verständigung ordnen. Meinungsverschiedenheiten über die Aus-
	        
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