Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunzehnter Jahrgang. 1903. (44)

244 Greßbritaunien. (März 5. —- 11.) 
Minister des Auswärtigen Lord Landsdowne: er freue sich, daß 
nicht dem Zusammenwirken mit Deutschland aus dem Grunde wider- 
sprochen sei, weil ein solches Zusammenwirken unter keinen Umständen zu 
rechtfertigen sei. Der Gedanke, daß man der Empfindlichkeit Englands 
wegen gewisser Vorkommnisse während des südafrikanischen Krieges gestatten 
sollte, das Urteil der Regierung in solchem Maße zu beeinflussen, daß man 
an solche Fragen von einem nicht geschäftsmäßigen Gesichtspunkte heran- 
trete, sei entschieden von der Hand zu weisen. Er würde jedes Vorgehen 
von seiten der Regierung abgelehnt haben, welches die Wirkung gehabt 
haben könnte, die bedauerliche Entfremdung, welche durch die Ereignisse 
während des südafrikanischen Krieges entstanden sei, noch zu erhöhen. 
5. März. (Unterhaus.) Premierminister Balfour kündigt 
den Bau einer Flottenstation am Firth of Forth an. 
6. März. (London.) Die Handelskammer über die kom- 
merziellen Beziehungen zu Deutschland. 
In einer von der Londoner Handelskammer einberufenen Konferenz 
über die Wirkung des neuen deutschen Zolltarifs auf den englischen Handel 
erklärt der Vorsitzende, England müsse zunächst versuchen einen neuen 
Handelsvertrag mit Deutschland zu schließen; es könne keine differenzielle 
Behandlung gegen Deutschland einführen, könne ihm aber auch nicht 
Vorteile gewähren, welche es seinen eigenen Kolonien nicht einräume. Die 
Versammlung nimmt eine Resolution an, welche die Regierung auffordert, 
über einen besonderen Tarifvertrag mit Deutschland und mit den übrigen 
Ländern zu verhandeln. 
11. März. (Unterhaus.) Vermehrung der Präsenzstärke 
der Armee. Balfour über die Verteidigung Indiens. — Geringe 
Majorität der Regierung. 
Nach der Regierungsvorlage soll die reguläre Armee 236751 Mann 
betragen. Gegen die Anträge der Opposition auf Verminderung erklärt 
Premierminister Balfour: Man möge nur annehmen, England habe 
mit zwei Mächten zu kämpfen, von denen eine in Indien einfallen könne. 
Wäre es angebracht, daß sich England in diesem Falle für die Verteidigung 
Indiens so von Truppen entblößen müsse, daß für einen anderweitigen Angriff 
nicht genügend Truppen übrig wären? Die Flotte allein könne einen Krieg 
nicht beendigen. Wenn England in einen solchen Krieg verwickelt würde, 
müsse es sowohl die Möglichkeit ins Auge fassen, eine Expedition ins Aus- 
land zu senden, als die Fähigkeit, Indien zu verteidigen. Balfour geht 
sodann auf die Ausführungen Dilkes über die Verteidigung Indiens ein. 
Dilke unterbricht den Minister und erklärt, daß er der Ansicht sei, daß, 
solange die Grenze bleibe, wie sie sei, in Indien keine Truppen aus 
England zur Verteidigung gebraucht würden. Sicherlich würde, wenn von 
seiten Rußlands ein erfolgreicher Feldzug geführt und Afghanistan auf- 
geteilt würde, das Problem ein ganz anderes sein. Balfour fährt darauf 
fort: Ich weiß nicht, ob es weise wäre, auf Einzelheiten einzugehen. (Beifall.) 
Solange ein starkes, freundschaftliches, unangetastetes Afghanistan zwischen 
uns und der russischen Grenze besteht, gebe ich zu, daß die Schwierigkeiten 
für ein schnelles Vorrücken Rußlands sehr groß sind und daß die Anzahl 
der Truppen, die es bei einem Vorrücken verwenden könnte, wahrscheinlich 
keine sehr große ist. Wir können es aber mit einer viel schwierigeren 
Lage zu tun haben, als Dilke angenommen hat, und ich glaube nicht, daß 
wir klug daran tun, wenn wir annehmen, daß wir niemals einen einzigen
	        
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