Großbritannieu. (April 11.—30.) 295
Staatshilfe beanspruchen, gelten als Staatsschulen. Der Religionsunter-
richt soll keiner besonderen christlichen Richtung zuneigen. Auch sollen an
diesem Unterricht nur solche Kinder teilzunehmen brauchen, deren Eltern
einen religiösen Unterricht wünschen. Aus dem religiösen Unterricht ist
der Katechismus und alles das auszuscheiden, was die verschiedenen christ-
lichen Richtungen voneinander unterscheidet. Das bisher von den Lehrern
verlangte Glaubensbekenntnis kommt in Wegfall und allen Lehrern ist in
Zukunft, ohne Rücksicht auf ihre religiösen Ansichten die Möglichkeit ge-
boten, Schuldirektor zu werden. Diejenigen Schulen, die darauf bestehen,
eine bestimmte Religionsrichtung beizubehalten, hören auf, Staatsschulen
zu sein, und erhalten keinerlei Unterstützung aus Staatskassen. Sollten
aber die Eltern von vier Fünfteln der die öffentliche Schule besuchenden
Kinder einen Religionsunterricht nach den Satzungen einer gewissen reli-
giösen Gemeinschaft wünschen, so will das Gesetz ihnen diesen Wunsch er-
füllen unter der Bedingung, daß die Kosten dieses besonderen Unterrichtes
von der religiösen Gemeinschaft getragen werden, die diesen Wunsch äußerte.
11. April. (Unterhaus.) Der Staatssekretär des Auswär-
tigen E. Grey teilt über den Streit mit dem Kongostaat mit:
Eine endgültige Regelung wegen Bahr el Ghazal sei noch nicht
erfolgt, man habe sich jedoch über einen modus vivendi während der
Verhandlungen über die endgültige Regelung, die nach Ostern beginnen
sollten, geeinigt. Hiernach sollten alle vom Kongostaat nach einem be-
stimmten Zeitpunkt, der ungefähr ein Jahr zurückliege, besetzten Posten
wieder geräumt werden, während alle früher besetzten einstweilen in seinem
Besitz verblieben. Die Verwaltung des streitigen Gebietes falle aber der
Sudanregierung zu.
25. April. (Unterhaus.) Während der Beratung eines
Antrags über das Frauenstimmrecht verüben Frauen auf der Tri-
büne solche Demonstrationen, daß die Tribüne geräumt werden muß.
26. April. Vorschläge über die Verwaltung Egyptens.
In einem Blaubuche schlägt der Sirdar Lord Cromer vor, die
gegenwärtigen Gesetzgebungen, den Rat und die Nationalversammlung bei-
zubehalten, getrennt davon aber einen aus 25—30 Mitgliedern bestehenden
Rat zu schaffen, der ganz aus Angehörigen der Vertragsstaaten bestehen
soll. Die von der Regierung verkündeten Gesetze sollen für alle Ausländer
bindend sein. Ferner schlägt er vor, die gegenwärtigen Konsulargerichte
abzuschaffen, sobald durch eine neue gesetzgeberische Akte andere Gerichte
geschaffen seien. Die fünfjährige Ernennung der gemischten Gerichtshöfe
sei gleichfalls abzuschaffen. Als Amtssprache des neuen Rates sollen die
englische, französische und italienische Sprache gelten, und diese sollen ein-
ander vollkommen gleichstehen. Alle sich ergebenden Meinungsverschieden-
heiten hinsichtlich der Wirksamkeit des neuen Systems sollen vom Haager
Schiedsgericht entschieden werden.
30. April. (Unterhaus.) Der Schatzminister legt das
Budget vor.
Die Ausgaben des kommenden Finanzjahres werden auf 141786000
Pfund Sterling, die Einnahmen auf der heutigen Steuergrundlage auf
144860000 Pfd. St., der verbleibende Ueberschuß auf 3074000 Pfd. St.
geschätzt. Davon werden 500000 Pfd. St. zuzüglich 500000 Pfd. St. aus
der chinesischen Entschädigungszahlung zur Schuldentilgung verwendet