Großbritannien. (Juli 10.—16.) 301
kann am besten kundgegeben werden durch Unterlassung einer Einmischung.
Manchmal ist Schweigen der beste Beweis von Sympathie.
10. Juli. (Oberhaus.) Die Lords Roberts und Milner
werlangen unter scharfen Angriffen auf die Regierung die allgemeine
Wehrpflicht, Unterstaatssekretär Lord Portsmouth lehnt sie ab, weil
sie neue Kosten von 26 Millionen Pfund verursachen werde.
12. Juli. (Unterhaus.) Kriegsminister Haldane legt einen
Plan zur Reorganisation der Armee vor.
Der Plan beabsichtigt die Schaffung einer „Expeditionary force",
die sich folgendermaßen zusammensetzt: 4 Kavalleriebrigaden, 6 Infanterie-
brigaden, 63 Batterien, mehrere Bataillone Pioniere, Train, Sanitäts-
wesen, zusammen 5281 Offiziere und 154074 Mann. Davon sind 50000
Mann reguläre Truppen, 70000 Truppenreserve, 30000 Miliz. — Die
Miliz, die bisher verfassungsmäßig im Inlande verwendet werden darf,
soll das Personal für Munitionskolonnen und Train stellen. Hierdurch
sollen Ersparnisse erzielt werden. Ferner sollen Ersparnisse durch Abschaf-
fung von 2 Gardebataillonen und 8 Linienbataillonen erzielt werden. —
Die indischen Truppen sollen unverändert bleiben; die Mehrzahl der ab-
zuschaffenden Bataillone sei in den Kolonien stationiert. Für die Ver-
teidigung des Mutterlandes gegen feindliche Angriffe und für Verstärkungen
für die Expeditionsstreitmacht müsse hauptsächlich auf die Meomanry und
auf die Freiwilligen gerechnet werden. Für eine bessere Organisation dieser
beiden letzteren Streitkräfte werde jetzt vom Generalstabe ein Plan aus-
gearbeitet. Bei der Organisation des Expeditionskorps habe die Regierung
sich leiten lassen von der Möglichkeit, daß eine lange Friedenszeit komme
oder daß alle Nationen sich entschließen, ihre Rüstungen in großem Maße
zu vermindern. Die Regierung habe deshalb einen Spielraum gelassen,
so daß die Streitmacht zusammengezogen oder vergrößert werden könne,
je nach dem Stande der Politik.
15. Juli. Das Unterhaus genehmigt mit großer Mehrheit
einen Regierungsantrag, für Wales einen besonderen Minister zu
schaffen. Die Opposition tadelt die Regierung scharf, daß diese
Verfassungsänderung nicht vor der Beratung angekündigt worden sei.
Mitte Juli. Debatten über die Kriegführung in Natal.
Die Presse bringt Nachrichten über grausame Kriegführung in Natal,
wie Niedermetzelung von Verwundeten. Am 18. erklärt Kolonialsekretär
Churchill im Unterhause, daß während der Operationen etwa 3500 Zulus
getötet und 2000 gefangen genommen wurden. Die Regierung habe jedoch
keine Mitteilung darüber erhalten, daß die eingeborenen Truppen ver-
wundete Zulus getötet hätten. Es sei aber möglich, daß sie zu Zeiten,
in denen sie von europäischen Offizieren nicht beobachtet gewesen wären,
die Schwerverwundeten getötet hätten. Der Kommandeur der Miliztruppen
habe jedoch die Ueberzeugung, daß solche Vorkommnisse sich nicht in so
ausgedehntem Maße zugetragen hätten wie in früheren Zeiten.
16. Juli. (Unterhaus.) Der Unterstaatssekretär des Aus-
wärtigen teilt mit, daß Rußland mit Rücksicht auf die innere Lage
um Verschiebung des Flottenbesuches gebeten habe und daß deshalb
die OÖstseefahrt überhaupt unterbleibe.