56 Fas Fenuische Reich und seine einjelnen Glieder. (März 9./12. 10.)
einer Rückverlegung des Regierungssitzes von Busa unbedenklich näher-
treten könnte. Weiter wird in der Beschwerde Klage geführt über den
Zwang, der zum Zweck der Reinigung der Krieks durch die Neger aus-
geführt sei. Die Krieks bilden Wasserstraßen, deren Befahren nicht nur
im Interesse der europäischen Kaufleute, sondern auch im Interesse der an
ihnen wohnenden Negerstämme absolut notwendig ist; sie werden für die
Befahrung durch Kanus und die kleinen Heckraddampfer leicht durch trei-
bende Baumstämme gesperrt, und es sind Fälle bekannt, in denen der
Regierungsarzt, der bei Nacht in ein solch Negerdorf gerufen wurde, nur
mit größter Gefahr einen solchen Kriek passieren konnte. Es ist eine
wiederholt ausgesprochene Binsenwahrheit, daß der Neger, der in vielem
dem Kinde gleicht, kein Freund der Arbeit ist, und wenn dann im Inter-
esse der Allgemeinheit einmal ein sanfter Zwang angewendet wird, so
sollte man nicht gleich ein derartiges Vorgehen mit Sklaverei vergleichen.
Soweit sich die Beschwerden gegen einzelne Beamte in bestimmter Form
richten, wurde gründliche und genaue Untersuchung zugesagt. Alle diese
behaupteten Ungerechtigkeiten und Willkürlichkeiten aber unter den Sammel-
begriff eines Systems Puttkamer zu bringen, erscheint völlig verfehlt. Die
Person des Gouverneurs ist ja in der letzten Zeit so vielfach angegriffen,
so oft in gehässigster Weise beurteilt, daß man sich nicht wundern konnte,
wenn auch in der Budgetkommission nach dieser Richtung das Erdenklichste
geleistet wurde. Anzuerkennen ist, und das soll auch hier noch einmal aus-
drücklich betont werden, daß, einzelne Mißgriffe und nicht zu billigende
Maßregeln zugegeben, Herr v. Puttkamer als Beamter der Kolonien Her-
vorragendes geleistet hat. Wenn die Kolonie Togo heute eines Reichs-
zuschusses nicht bedarf, so ist es das Verdienst des früher dort tätig ge-
wesenen Herru v. Puttkamer, daß sie dies erreicht hat. Und wenn man
jetzt Duala mit seinen breiten Straßen und der schön bebauten Joßplatte
sieht, wenn man sich in Busa, welches vor ungefähr zwölf Jahren noch
ein Bakwiri-Negerdorf war, über alle die Gebäude, die Meierei, die Ver-
suchsgärten, die Tischlerei und die Schmiedewerkstatt mit Recht wundert,
so ist das der zielbewußten und energischen Arbeit des Gouverneurs zu
danken. Unrichtig und unpolitisch würde es sein, wenn der Gouverneur
jetzt der Beschwerde der Akwaleute zum Opfer fiele, unrichtig, weil noch
manche Aufgabe, deren Lösung er am besten versteht, seiner harrt, un-
politisch, weil der Eindruck, welchen seine Abberufung auf die Beschwerde
hin sowohl auf die Akwaleute als auf die Negerstämme im Innern machen
würde, dem Ansehen der Deutschen nicht nützlich wäre. Die Akwaleute
würden sich eine Bedeutung und einen Einfluß beimessen, den sie nicht
haben und nie haben dürfen. Die im Innern wohnenden Negerstämme,
die den Gouverneur in seinem energischen Auftreten kennen gelernt haben,
würden es nicht verstehen, daß dieser Mann einem Vorstoß der Duala-
neger hätte weichen müssen.
9.i12. März. (Reichstag.) In der Beratung des Etats der
Reichseisenbahnen wird im allgemeinen betont, daß infolge der
Abneigung Preußens eine Betriebsgemeinschaft nicht zustande
kommen werde.
10. März. (Groß-Lichterfelde.) Reichstagsabgeordneter
Eugen Richter f.
Geboren 30. Juli 1838 in Düsseldorf, 1859 Referendar, 1864 nicht
bestätigt als Bürgermeister von Neuwied. Seitdem Berufsparlamentarier
und Journalist, 1867 im konstituierenden Reichstag als Mitglied der Fort-