VI.
Frankreich.
3. Januar. Ergebnis der Senatswahlen.
Auf 103 zur Neuwahl anstehende Sitze werden 26 Republikaner,
31 Radikale, davon 12 neu, 30 sozialistisch Radikale, davon die Hälfte neu,
1 unabhängiger Sozialist, 10 Progressisten, wovon 4 neu, 5 Konserative,
davon 1 neu gewählt. Die Ministeriellen gewinnen 15 Sitze.
8. Januar. Die Kammer lehnt den Antrag des Kabinetts
Clemenceau, die Todesstrafe durch lebenslängliches Zuchthaus mit
Einzelhaft zu ersetzen, mit großer Mehrheit ab.
12. Januar. Zum Präsidenten der Kammer wird Brisson mit
314 von 360 Stimmen bei Stimmenthaltung der oppofitionellen
Parteien wiedergewählt; zu Vizepräsidenten desgleichen Berteaux
und Etienne. Neugewählt wird als dritter Vizepräsident der ehe-
malige Kolonialminister Clémentel, während der bisherige Bize-
präsident Rabier (Radikaler) in der Stichwahl fällt.
13. Januar. Infolge der in den letzten Wochen durch die
Mitglieder eines royalistischen Vereins, den Camelots du Roi, in
der Sorbonne hervorgerufenen Ruhestörungen hat sich ein Verband
republikanischer Studenten gebildet, die den Entschluß gefaßt haben,
die Professoren gegen die Kundgebungen und Gewalttätigkeiten der
Royalisten zu verteidigen. Dem Verbande gehören schon mehrere
hundert Studenten an.
15. Januar. Verhandlungen der Kammerüber Marokko.
Auf der Tagesordnung stehen die Interpellationen der Abgg. Hubert,
Jaures und Delafosse über Marokko.
Delafosse kritisiert die Politik der Regierung gegenüber den beiden
Sultanen als die Politik des Widerspruchs und bezeichnet sie als verfehlt.
Die Regierung hätte Mulai Hafid offen und entschlossen bekämpfen müssen,
um so mehr als er der Kandidat Deutschlands gewesen sei; jetzt habe die
deutsche Lösung durch die Fehler Frankreichs in Marokko gesiegt. Der
Redner fordert die Regierung auf, Marokko bis auf weiteres nicht zu
räumen. Mit bloßen Versprechungen Mulai Hafdds sei für Frankreich noch
keine Genugtuung und die Wahrung seiner Interessen gesichert; mit Marokko
stehe für Frankreich die Zukunft seines ganzen nordafrikanischen Reiches