Ranãnien. (Dezember 21. 26.) — Serbien. (Januar 4. 13) 613
Innern zur Sicherung des vollen Aufschwungs der nationalen Kräfte not-
wendig sei. „Die Besuche der Thronfolger Deutschlands und Oesterreich-
Ungarns“, fährt die Thronrede fort, „und die Insignien eines Feldmar-
schalls, die Kaiser Wilhelm mir verliehen, waren neue Beweise der uns
verknüpfenden Freundschaftsbande und des von uns erworbenen Prestiges.
Unsere Armee war gleichfalls lebhaft erfreut durch den Besuch einer großen
Zahl von Waffengefährten aus der russischen Armee, der die glorreichen
Erinnerungen an den Unabhängigkeitskrieg wachrief. Unsere Pflicht ist es,
zur Bewahrung der internationalen Stellung des Königreichs, die Stär-
kung unserer Militärmacht ohne Unterlaß zu verfolgen.“ Die Thronrede
stellt weiter die günstige Finanzlage und die Vermehrung der nationalen
Produktionsquellen fest und kündigt Gesetzesvorlagen an zur Konsolidierung
und Kapitalisierung der Reserven des Staatsschatzes, zur gerechten Ver-
teilung der Steuern, zur Förderung der nationalen Industrie u. a. End-
lich hebt die Thronrede die Vermehrung der Zahl der ländlichen Schulen
hervor, sowie die dauernde Verbesserung im Unterrichtswesen.
21. Dezember. Der Ministerpräsident Bratiano wird vor
seinem Hause, als er den Wagen verließ, von einem Arbeiter durch
zwei Revolverschüsfe am linken Schulterblatt und am Rücken verwundet.
W. Dezember. (Kammer.) Der Handelsvertrag mit Oester-
reich-Ungarn wird mit 65 gegen 8 Stimmen genehmigt.
XX.
Serbien.
4. Januar. Der österreichische Gesandte Forgatsch
beschwert sich bei der serbischen Regierung wegen einer Stelle in der
Rede, die der Minister Milowanowitsch am 2. Januar in der
Kammer gehalten hatte.
Die inkriminierte Stelle lautet nach den ersten Berichten: „Während
Oesterreich--Ungarns erster Schritt am Balkan darin bestand, daß es das
Volk zweier serbischer Länder zu Sklaven machte . .“ Im amtlichen Text
heißt es dagegen: „Oesterreich-Ungarn, das sich die von Serben bewohnten
Provinzen zu eigen gemacht .“
13. Januar. Serbiens Entschlossenheit.
Die „Politika“ führt aus, Serbien habe keine Veranlassung wegen
des Verkaufs von Bosnien durch die Türkei seinen nationalen Standpunkt
abzuändern. Die Türkei werde mit Oesterreich-Ungarn eine Verständigung
suchen, die aber der Gutheißung durch die Großmächte auf der Konferenz
bedürfe. Tag und Nacht fortrüstend, werde Serbien diese Konferenz ruhig
abwarten und wenn sie die gerechten serbischen Interessen nicht befriedige,
so werde Serbien tun, was allein ihm übrig bleibe. Europa werde sich
alsdann überzeugen, daß Bosnien nur über ein totes Serbien hinweg eine
österreichische Provinz werden könne.