Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Sechsundzwanzigster Jahrgang. 1910. (51)

V. 
Großbritannien. 
1. Januar. Deutschenfurcht. 
In Reading verspottete der Schatzkanzler Lloyd George in einer 
Wahlrede die Furcht vor den Deutschen und sagte, England solle Deutsch- 
land lieber nachahmen in seiner Sorge für den Schutz der Arbeiter gegen 
Krankheit und Invalidität, wozu das Budget sehr wohl die Mittel bewil- 
ligen könne. 
2. Januar. Deutschenhetze. 
Die internationale Schiedsgerichtsliga erläßt durch ein Rundschreiben 
einen Protest gegen die zehn antideutschen Hetzartikel des radikalen So- 
zialisten Robert Blatchford in der „Daily Mail“ (S. 1909. Mitte Dezember 
u. 15. Dezember). Dagegen schenkt der Quäker Daniel Hanbury 500 Pfund 
zur unentgeltlichen Verteilung der Flugschrift. 
3. Januar. (London.) Der Notenaustausch zwischen England 
und Deutschland über die Verlängerung des Schiedsgerichtsvertrages 
vom 12. Juli 1904 auf weitere vier Jahre wird veröffentlicht. 
3. Januar. Kundgebungen der Regierung gegen die 
Deutschenhetze. 
Bei den Wahlreden erklärten sich der Staatssekretär Grey in Craster 
(Northumberland), der Staatssekretär für Irland Birrell in Bristol und 
der Sekretär der Landesverteidigung Pease in Saffron-Walden gegen den 
Versuch eines Teils der Presse, den Geist der Feindseligkeit wider Deutsch- 
land zu entflammen. Pease legte dar, daß in 2¼ Jahren, wenn Deutsch- 
lands Schiffsbauprogramm ausgeführt sei, England 94 Schlachtschiffe gegen 
41 der Deutschen haben werde. 
3. Januar. Beginn des großen Streiks der Bergarbeiter 
wegen des Achtstundentages. 
4. Januar. Angebliche Einmischung Deutscher in englische 
Tariffragen. 
Balfour führt in seiner Wahlrede in Hanley aus: „So weit ist 
die geringschätzige Anschauung von der Kraft und Mannhaftigkeit Englands 
gegangen, daß ich Deutsche — nicht Männer der Regierung, aber Leute 
an der Spitze bedeutender Unternehmungen — kennen gelernt habe, die 
tatsächlich sagten: Glaubt Ihr, daß wir je zulassen werden, daß England 
eine Tarifreform annimmt? Ich glaube, daß alle diese Propheten erkennen 
werden, daß sie sich im Irrtum befinden. Aber während ich Ihnen ein 
Warnungszeichen in Form auswärtiger Kritiken gebe, lassen Sie mich darauf 
hinweisen, daß innerhalb von vier Jahren, wenn wir uns nicht eifrig 
rühren, England in eine so gefahrvolle Lage geraten wird, wie sie seit
	        
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