Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Sechsundzwanzigster Jahrgang. 1910. (51)

Uebersicht 
über die politische Entwickelung des Jahres 1910. 
Der Anstoß zu den Verschiebungen auf dem Gebiete der 
hohen Politit im Jahre 1910 ging von dem Staatssekretär der 
Vereinigten Staalen Knox aus. 
Der von ihm am 6. Januar bekannt gegebene Vorstoß gegen 
das Übergewicht Rußlands und Japans in der Mandschurei be- 
zweckte die Vereinigung aller Mächte, die mit China im Ver- 
tragsverhältnis stehen, um die mandschurischen Eisenbahnen zu 
„neutralisieren"“, d. h. unter die gemeinsame Verwaltung der Ver- 
tragsmächte zu stellen. Das war ein Versuch, die von ihm am 
31. Juli 1909 angekündigte Handelspolitik („systematische Förde- 
rung des amerikanischen Handels, namentlich mit China und Süd- 
amerika“) zu einer allgemeinen Angelegenheit der Industriestaaten 
zu machen. Einen besonderen Beigeschmack bekam dieses Vorgehen 
durch die Bestrebungen amerikanischer Unternehmer, sich in Peking 
die Konzession zu einem Bahnbau von Aigun durch die Mandschurei 
nach Tsitsikar und dann weiter mit Anschluß an die chinesischen 
Bahnen zu verschaffen, wodurch zugleich der Weg vom Baikalsee 
über Charbin nach Tientsin abgeschnitten worden wäre. Der ame- 
rikanische Vorschlag fand in England und Deutschland eine kühle 
Höflichkeitsaufnahme, in Rußland und Japan aber bereits am 
21. Januar die entschiedenste Ablehnung. Gegen diesen Mißerfolg 
kam die neue Freundschaft der Vereinigten Staaten mit China 
kaum in Betracht. Für die Weltlage wurde es aber wichtig, daß 
die russischen und japanischen Staatsmänner einen gründlichen 
Ausgleich ihrer Interessensphären in der Mandschurei und Nord- 
china erzielten, wie ihn schon Fürst Ito bei seiner so unglücklich
	        
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