100 Das Beuische Reich und seine einzelnen Glieder. (März 13.)
13. März. (Preußisches Abgeordnetenhaus.) Zweite
Lesung des Etats des Finanzministeriums. Beratung des Antrags
v. Wenden betreffend die Bekämpfung des Kinderelends.
Die Kommission hat beschlossen, die Regierung zu ersuchen, alljähr-
lich einen Fond zur Unterstützung der auf Bekämpfung des Kinderelendes
gerichteten charitativen Unternehmungen bereitzustellen. Der Antrag wird
nach kurzer Debatte angenommen.
13. März. (Preußisches Herrenhaus.) Beratung des vom.
Abgeordnetenhaus aus Anlaß eines Antrages der Freikonservativen
angenommenen Gesetzentwurfes zur Ergänzung des Gesetzes über die
Haftung des Staates und anderer Verbände bei Amtspflichtver-
letzungen von Beamten bei Ausübung der öffentlichen Gewalt.
Nach dem Entwurf sollen auch die Volksschullehrer und -Lehrerinnen
in das Gesetz über die Haftung des Staates usw. einbezogen werden. Der
Gesetzentwurf wird ohne Debatte angenommen.
13. März. (Schwarzburg-Rudolstadt.) Die Regierung
hat ihren Antrag, die Pfarrgehälter zu erhöhen, vorläufig zurück-
gezogen. Der Landtag hat den Etat darauf in erster Lesung ein-
stimmig angenommen.
13. März. (Berlin.) Konservativer Parteitag.
Graf Westarp über die Deckung der Heeresvermehrung: Die
konservative Reichstagsfraktion ist entschlossen, auch dem Gedanken zuzustim-
men, daß für die großen einmaligen Kosten der neuen Heeresvorlage eine
einmalige große Abgabe vom Vermögen erhoben werden soll. (Beifall.)
Aber auch bei der Durchführung dieser einmaligen Vermögensabgabe werden
wir mit aller Entschiedenheit dafür einzutreten haben, daß soweit als möglich
die Finanzhoheit und das Finanzgebict der Einzelstaaten geschont und gewahrt
bleibt. Wir werden dafür sorgen, daß die Veranlagung und Erhebung der
einmaligen Vermögensabgabe den Einzelstaaten überlassen bleibt. Weiter
werden wir dahin streben müssen, daß dieser Maßnahme der Charakter
bleibt, den sie hat, nämlich der Charakter einer Ausnahme. Wir werden frei-
lich dabei nicht vergessen, daß die einmalige Vermögensabgabe ihren finan-
ziellen Wirkungen nach mindestens gleichartig ist allen den Vorschlägen, über
die man bisher in der Oeffentlichkeit diskutiert, und vor allem, daß sie weit
hinausgeht über den Ertrag, den die Erbanfallsteuer von 1909 bringen
sollte. Auch hier werden wir dafür sorgen, daß die Finanzhoheit der
Einzelstaaten nach Möglichkeit betont wird. Wir werden weiter dafür ein-
treten, daß das mobile Kapital von der technisch leichten Möglichkeit, sich
der Besteuerung zu entziehen, keinen allzu ergiebigen Gebrauch machen
kann. Wenn wir die einmalige Besitzbelastung zugestehen, wird es uns
nicht möglich sein, daneben auch noch die Erbschaft der hinterbliebenen Ehe-
frauen und Kinder der Besteuerung durch das Reich in irgendeiner direkten
Form preiszugeben. (Stürmischer Beifall.) — In der einstimmig an-
genommenen Resolution findet sich der Passus: Der Parteitag steht
fest auf den föderalistischen Grundlagen des Reiches unter entschiedener
Bekämpfung der auf einen deutschen Einheitsstaat gerichteten Bestrebungen
des Liberalismus und der Demokratie. Er verlangt eine kräftige Bekämpfung
der immer mächtiger werdenden sozialdemokratischen Tendenzen, insbesondere
ihrer Unterdrückung der freien Arbeit.