166 Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (April 10.)
10. April. (Reichstag.) Fortsetzung der Beratung der Gesetz-
entwürfe über die Wehrvorlage und die damit zusammenhängenden
Finanzgesetze.
Vor Eintritt in die Tagesordnung: Bayerischer Militärbevollmäch--
tigter Generalmajor Wenninger: Ich bitte Sie, eine Erklärung abgeben
zu dürfen, die ich am liebsten schon gestern abgegeben hätte, woran ich aber
durch die Vertagung verhindert wurde. Mit meiner gestrigen Bemerkung
wollte ich lediglich der Meinung Ausdruck geben, daß ich das Maß und
die Schärfe der von dem General Häusler an den Einrichtungen unseres
Heerwesens geübten Kritik bedaure. Es hat mir aber durchaus ferngelegen,
ganz allgemein die Rechte der Abgeordneten irgendeiner Kritik zu unter-
iehen. Es hat mir vollkommen ferngelegen, mit meinen Bemerkungen hier
im Hause der Ehre des Abgeordneten in seiner Stellung außerhalb des
Hauses irgendwie nahezutreten. Ich bedauere, wenn meinen Worten von
gestern diese Deutung beigelegt wurde oder würde! (Beifall.) — Abg. Spahn
(Z.): Die Ehre des einzelnen Abgeordneten zu wahren ist Sache des Prä-
sidenten. In der Aeußerung des Herrn General Wenninger lag zunächst
einmal, daß er nicht wußte, daß man jemand nicht mit seiner Stellung im
Privatleben bezeichnet, und daß er von dem Präsidenten darauf aufmerksam
gemacht werden mußte, daß hier jemand nur als Abgeordneter spricht.
Darauf hat der Herr Militärbevollmächtigte erwidert, er werde künftig nur
noch von dem Herrn Abgeordneten sprechen, hat aber hinzugefügt, daß er
diesen Ausdruck nur aus dem Gefühl einer gewissen Wohlanständigkeit heraus
gebraucht habe und daß es ihm angenehm sei, diese Bezeichnung nicht mehr
gebrauchen zu dürfen. Darin liegt meines Erachtens eine Mißachtung gegen
den Abgeordneten Häusler. Das wird auch der Präsident zugeben müssen, wenn
er nachträglich das Stenogramm durchsieht, und er wird sich dann wohl
schlüssig macheen müssen, ob er nicht, wenn ein Abgeordneter diesen Aus-
druck gebraucht hätte, diesem hätte einen Ordnungsruf erteilen müssen.
(Sehr richtig" im Z.) — Vizepräsident Dove: Gestatten Sie mir, daß ich
sofort das Wort dazu nehme. Ich habe gestern wohl den Ausdruck „Wohl-
anständigkeit“ gehört, ich habe aber angenommen, daß der Herr Militär-
bevollmächtigte das hat ausdrücken wollen, was er heute erklärt hat. Ich
habe nicht geglaubt, daß der Herr General Wenninger mit dem Ausdruck,
er werde künftig nur noch von dem Abgeordneten Häusler sprechen, dem
Herrn Häusler habe persönlich zu nahe treten wollen, denn der Ausdruck
„Abgeordneter“ ist wohl der wohlanständigste, der hier in diesem Hause
von einem Abgeordneten gebraucht werden kann! (Lebhafte Zustimmung l.)
Ich muß aber weiter hinzufügen, daß mir bei dem gestrigen Lärm im
einzelnen nicht klar geworden ist, daß der Herr General Wenninger mit
seiner Aeußerung, daß er künftig nur noch von dem Abgeordneten und nicht
mehr von dem General Häusler sprechen wolle, nicht dem Abgeordneten
Häusler irgendwie persönlich hat zu nahe treten wollen, und das hat mir
ja seine heutige Erklärung bestätigt. Es wäre aber vielleicht sehr nützlich,
wenn der Herr General Wenninger das jetzt noch einmal ausdrücklich er-
klärte. — General Wenninger: Ich komme dem Wunsche des Herrn Prä
sidenten gerne nach und stelle noch einmal zur Ergänzung meiner wohl
von Ihnen allen als loyal aufgenommenen Erklärung fest, daß auch der
von dem Herrn Präsidenten berührte Ausdruck mit in die Erklärung ein-
bezogen werden sollte. — Man tritt dann in die Tagesordnung ein.
Abg. Dr. Südekum (Sd.): Die gestrige einleitende Rede des Schatz-
sekretärs unterschied sich wohltuend von den Ausführungen des Reichs-
kanzlers und des Kriegoministers zur Heeresvorlage. Die Verteilung des