Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunundzwanzigster Jahrgang. 1913. (54)

Das Dentsqe Reiq und seine rinzeluen Glieder. (April 18.) 203 
geworden sind. (Der Wortlaut wird am 20. April in der „Nordd. Allgem. 
Ztg.“ veröffentlicht.) 
18. April. (Reichstag.) Fortsetzung der zweiten Beratung 
des Etats für die Verwaltung des Reichsheeres, Besoldung des 
Kriegsministers, Heereswesen im allgemeinen. (Sanitätsoffiziere. 
Schleichwege bei Militärlieferungen.) 
Abg. Götting (Nl.): Es sollen 4000 Offiziere und 15.000 Unter- 
offiziere neu eingestellt werden. Da ist der Zeitpunkt besonders geeignet, 
diejenigen Punkte, die schon teilweise seit längerer Zeit in der Tages- 
literatur als reformbedürftig behandelt worden sind, auf ihre Abänderungs- 
fähigkeit innerhalb des vergrößerten Heeresorganismus zu prüfen. Was 
ist geschehen, um die Offiziere in der notwendigen Anzahl herbeizuschaffen 
für die große Heeresvermehrung? Genügen die beiden Gesetze von 1906, 
das Offizierspensionsgesetz und das Gesetz von 1909, welche ja erhebliche 
Steigerungen der Besoldungen bieten, um einen genügenden Anreiz zur 
Ergreifung der militärischen Laufbahn auszuüben? Das wird von einer 
großen Anzahl militärischer Schriftsteller aus guten Gründen bestritten, 
und wir können, glaube ich, an diesen Gründen nicht ohne weiteres vor- 
beigehen. Da stehen im Vordergrund die Hauptleute, die verabschiedeten 
Hauptleute insbesondere, die sich beklagen, daß trotz aller Steigerungen 
der Pensionen und der Besoldungen noch nicht genügend für sie und für 
ihre großen Gefahren, die sie im Beruf erleiden, gesorgt sei. Nur weni 
über ein Drittel kommen an dieses Ziel heran, das der Offizier ja durch 
größere Anstrengung seiner körperlichen Kräfte und durch größere Ge- 
fahren erreichen mu als der in gleicher Lebenslage befindliche Mann, der 
die höhere Beamtenlaufbahn ergreift. Es wird in dieser Beziehung von 
einigen Schriftstellern, verabschiedeten Offizieren, vorgeschlagen, die Stellen 
der Heeresverwaltung, insbesondere die begehrten Stellen der Bezirks- 
offiziere, zunächst für verabschiedete Hauptleute zu sperren und ihnen allein 
vorzubehalten, wenigstens denen über 45 Lebensjahre. Aber nicht allein 
eine solche bevorzugte Vergebung von Stellen, sondern auch eine Besoldungs- 
erhöhung für solche verabschiedeten und wiedereingestellten Hauptleute muß 
erfolgen, wenn die Berufswahl gefördert werden soll. Nach der Meinung 
der meisten Schriftsteller aus diesen Kreisen ist der Abstand zwischen der 
Besoldung des Majors und der des Hauptmanns zu groß. Die Absicht 
des § 24 Abs. 3 des Offizierspensionsgesetzes, wonach bei einem Aufsteigen 
als Beamter der Pensionär nicht ungünstiger gestellt werden soll, ist nicht 
verwirklicht. Der Leutnant steht sich heute in dieser Beziehung gut, weil 
er dann ein Höchstgehalt von 6000 Mark erreichen kann. Der Hauptmann 
kann, wenn er nach dem neuesten Gesetz pensioniert wird, in der neuen 
Stelle nur ein Höchstgehalt von 6474 Mark erreichen; sein Einkommen 
steigt gerade in der kritischen Zeit, wenn die Kinder erwachsen zu sein 
pflegen, nicht genug. Noch schlechter stehen sich die früher pensionierten 
Hauptleute, welche nach dem alten Pensionsgesetz nur bis zu 5363 Mark 
gelangen können. In den inaktiven Heeresstellen leiden die Hauptleute 
unter der Konkurrenz der bessergestellten Majore. Es wird hier also 
vorgeschlagen, eine Lückenausfüllung stattfinden zu lassen, in der Weise, 
daß eine Pensionszulage in der Richtung nach der Skala des Majors statt- 
findet und eine allmähliche, stufenweise zu erreichende Erdienung, wenig- 
stens eine Annäherung an die Pension, wie sie der Major bezieht, er- 
möglicht wird. Wenn nun schon jetzt sich teilweise ein Mangel an Offizieren 
bemerkbar gemacht hat, so ist das bei den Sanitätsoffizieren in ganz
	        
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