204 Das Denisqe Reith und seine einzelnen Slieder. (April 18.)
auffallender Weise der Fall, auffallend deshalb, weil im Zivilleben eine
Ueberfülle der Aerzte existiert und bei der immer schärfer werdenden Kon-
kurrenz doch nichts näher läge, als daß sie den gesicherten Beruf eines
Sanitätsoffizieres ergreifen. Die Ursache der Abneigung der Aerzte gegen
die militärische Laufbahn liegt hier weniger auf materiellem Gebiete, weil
beispielsweise nach dem jetzigen Zustand zu wenig obere Stellen vorhanden
sind. Nach dem jetzigen Zustand sind 1373 Sanitätspersonen vorhanden
und 7 Sanitätsoffiziere mit Generalsrang, während bei dem ähnlich zu
beurteilenden Ingenieurkorps nur 892 Offiziere und 10 Generäle vorhanden
sind. Das ist nach dem jetzigen Zustand also zu wenig und soll auch in
der Wehrvorlage verbessert werden. Ob es eine genügende Besserung auf ma-
teriellem Gebiete ist, müssen wir abwarten. Die Hauptsache liegt in den
sogenannten Imponderabilien. Es ist eine beinahe ein Jahrhundert alte
Klage, daß die Sanitätsoffiziere nicht völlige Gleichberechtigung mit den
eigentlichen Offizieren genießen. Die Ursache der Abneigung zum Eintritt
oder zum Verbleiben in höheren Lebensjahren liegt ja in einer gewissen
Ueberschätzung des eigentlichen Kombattanten in der Schlacht gegen den
Sanitätsoffizier. Das trifft ja heute schon gar nicht mehr zu; denn beide
Arten setzen sich in den modernen Kriegen den gleichen Gefahren aus
— in der Marine nebenbei schon im Frieden — und die Aerzte sind hin-
sichtlich der Gefahren den Kombattanten vollständig gleichzustellen. Heute
muß sich ein Oberstabsarzt von 50 Jahren meist ohne genügende Hilfs-
ärzte plagen und mehrere Stellen für sich allein versehen. Entweder sind
die Hilfsärzte wegen des Mankos an Stellen nicht da, oder sie sind zu
ihrer Ausbildung an Krankenhäuser abkommandiert. So muß er deren
Dienste mit versorgen und namentlich in den älteren Lebensjahren mit
bitterer Empfindung sehen, wie, wenn auch scheinbar in Kleinigkeiten, der
Leutnant in den gemeinschaftlichen Geschäften, die zu erledigen sind, der
Reihenfolge nach vorgezogen wird. Abgesehen von dem auf dem Gebiete
der Ehrenbezeugungen vorliegenden Mangel der völligen Gleichstellung bei
den Truppen mache ich noch auf eins aufmerksam, was vielleicht einmal
bei den ernster werdenden Zeiten und der Vergrößerung der Gefahren be-
rücksichtigt werden könnte. Der Sanitätsoffizier, der sich im Kriege ausgezeich-
net hat, muß die Dekoration, die Kriegsdenkmünze am Bande der Nicht-
kombattanten tragen; sein Untergebener, der Sanitätsunteroffizier, trägt sie
wie alle anderen Soldaten am schwarzweißen Bande. Das ist eine Un-
gleichheit, die beseitigt werden könnte. Auf die Begräbnisfeierlichkeiten usw.
will ich nicht wekter eingehen. Es sind in dieser Beziehung Kleinigkeiten
vorhanden, die aber in den Augen des Publikums doch eine große Wert-
schätzung genießen. Nun ist in neuester Zeit noch eine Verordnung er-
gangen, die teilweise in den Kreisen der Sanitätsoffiziere doch schwer ver-
merkt wird, daß nämlich das blaue Sanitätsmannschaftskorps, das wir ja
alle kennen, nicht mehr als solches uniformiert werden, sondern die Uniform
des Truppenteils mit dem Aeskulapstab auf der Schulter tragen soll.
Abg. Sperlich (3.): Ich habe nur eine spezielle Sache vorzutragen.
Es ist dies der Strafprozeß gegen den Amtsrichter Knittel. Es ist nicht
angängig, in ein schwebendes gerichtliches Verfahren durch öffentliche Ver-
handlungen einzugreifen. Ich will mich deshalb in meinen Ausführungen
möglichst beschränken und einige Aeußerungen über die beiden Haupt-
personen voranschicken, um nicht ein falsches Urteil über sie entstehen zu
lassen. Ich kenne beide, den Hauptmann Kammler und den Amtsrichter
Knittel persönlich. Jch war mit den Eltern des Hauptmanns Kammler
über zehn Jahre in einer Stadt zusammen und fast täglich mit ihnen im
Verkehr. Ich habe damals den Hauptmann Kammler als Gymnasiasten