264 Das Deutsche Reich unl seine einzelnen Glieder. (Juni 21.—24.)
21. Juni. Die „Nordd. Allgem. Ztg.“ dementiert die Angabe
des „Temps“, daß das Glückwunschtelegramm des Präsidenten der
französischen Republik an den Kaiser in Berlin übersehen worden
und nicht in die Hände des Kaisers gelangt sei:
„Das „Telegramm des Herrn Präsidenten ist am 15.d. M. eingegangen
und von Seiner -ajestät noch an demselben Tage beantwortet worden.“
23. Juni (Hannover.) Welfische Kundgebung.
Freiherr v. Schele-Schelenburg veröffentlicht in dem Haupt-
organ der Deutsch. Hannoveraner, der „Deutschen Volkszeitung“, folgende
Erklärung:
" In am 19. d. M. zur Veröffentlichung gelangten Schreiben
Seiner Königlichen Hoheit des Kranzen Ernst August, Herzog zu Braun-
schweig und Lüneburg, ist ein Staatsrechtlicher Verzicht auf die hannover-
schen Rechte des welfischen Fürstenhauses nicht enthalten. Es entfällt somit
für die Deutsch-Hannoversche Partei jeder Grund Beunruhigung. Sie
ist sich jedoch der Verpflichtung voll bewußt, welche eine Thron-
besteigung Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen in Braunschweig ihr
auferlegen würde. Sie wird durchaus den Erwartungen entsprechen, welche
Seine Königliche Hoheit der Herzog von Cumberland, Herzog zu Braun-
schweig und Lüneburg, in seinem Briefe an das herzoglich-braunschweigische
Staatsministerium vom 15. Dezember 1906 zum Ausdruck gebracht hat,
in dem er die feste Zuversicht ausprach, daß die Hannoveraner alles unter-
lassen würden, was geeignet wäre, die Stellung seines Sohnes als Herzog
von Braunschweig zu erschweren."
24. Juni. (Brunsbüttelkoog.) Antwort des Kaisers auf
die Rede des Hamburger Bürgermeisters beim Festmahl aus Anlaß
der Regatta.
„Euer Magnifizenz wollen gestatten, daß Ich aus bewegtem Herzen
Meinen Dank ausspreche für die freundlichen Worte, in denen Sie der
verslossenen 25 Jahre Meiner Regierung am heutigen Tage und an dieser
Stelle gedenken wollen. In diesen 25 ehren ist eine lichtvolle Seite, und
über dieser lichtvollen Seite steht das Wort Hamburg geschrieben. Es sei
auch Mir vergönnt, dem tiefen Schmerz Ausdruck zu geben, den Ich mit
Ihnen allen geteilt habe, als Sie der Verlust dieses unvergleichlichen
Mannes (des Bürgermeisters Dr. Burchard) traf, und den Ich mit Ihnen
heute teile, wo wir ihn zum ersten Male nicht unter uns sehen. Es war
im klassischen Altertum Sitte, daß die Griechen nach gewonnener Schlacht
vor der Siegesfeier der Gefallenen gedachten. Wir wollen auch heute eines
Mannes gedenken, der in der Schlacht des Lebens stets das wert zu
führen verstanden und den Namen seiner Vaterstadt überall durchgesetzt hat.
Sein Schwert ruht nun in der Scheide. Er hat den guten Kampf aus-
ekämpft, der ihm verordnet war. Als Ich die Nachricht von seinem Hin-
scheiden erhielt, war es Mir zuerst schwer, daran zu glauben, denn er war
Mir ein intimer Herzensfreund und nahestehender Berater. Ich konnte
Mir seinen Heimgang in alltäglicher, einfacher, moderner Weise nicht vor-
stellen, denn seine atur war so unglaublich mit Idealen versehen, daß
man sie getrost mit Symbolik umgeben konnte. Ich habe, wie er in seiner
Vaterstadt begraben wurde, bei seinem Leichenbegängnis im Geiste an den
germanischen Heerkönig gedacht, wie er auf seinem Schild ausgestreckt liegt,
die Hände über das Schwert gekreuzt, und auf den Schultern seiner Krieger