268 Das Deuische Reich und seine einzelnen Glieder. (Juni 26.)
Vermögen und Einkommen dabei herangezogen. Im Laufe der Kom-
missionsverhandlungen hat sich die Kommission dann den Vorschlägen der
Regierung genähert. Die Regierung legt nicht die scharfe Kritik an, die
gegen die Arbeiten der Kommission in der Presse erhoben worden sind, die
sich manchmal in maßlosen Uebertreibungen ergeht. Man spricht von einer
Konfiskation des Besitzes, von einer neuen Steuerära, die sich auf der
Grundlage des Vermögens aufbaut. Eingriffe in das Privateigentum sind
bei jeder Steuergesetzgebung notwendig. Der Gesetzgeber hat nur Sorge
zu tragen, daß das zulässige Maß nicht überschritten wird. Die Wahl des
Maßes ist aber im wesentlichen davon abhängig, ob es sich um eine ein-
malige oder eine dauernde Abgabe handelt. Wir haben auf keinen Fall
vor, eine neue Steuerära einzuführen. Ich kann bei diesem Anlaß nicht
umhin, mit vollem Nachdruck zu betonen, daß sich eine so außerordentliche
Maßnahme, wie es die Einforderung eines einmaligen Wehrbeitrages ist,
nicht wiederholen darf. Es muß für alle, die an dem Wehrgesetz und
seiner Deckung mitarbeiten, wenn wir diese Gesetze jetzt verabschieden, von
vornherein feststehen, daß ein zweiter derartiger Zugriff nicht mehr ein-
treten darf. Die verbündeten Regierungen konnten Ihnen den Vorschlag
des Wehrbeitrages nur unter dieser Voraussetzung machen. Diese jetzige
Stellungnahme und diese öffentlichen Erklärungen sind die Regierungen
nicht nur der Rücksicht auf die Landessteuern und sich selbst schuldig, son-
dern auch den Steuerzahlern, in deren Kreisen sonst nicht ohne Grund
Beunruhigung eintreten würde. (Beifall.) Ich glaube aber noch etwas
anderes zur Beruhigung hinzufügen zu können. Ich begrüße es, daß die
Kommission sich dafür entschieden hat, denjenigen Betrag, der über den
vorher festgestellten Bedarf hinaus eingeht, den Steuerzahlern wieder zu-
kommen zu lassen. Ich begrüße es mit ganz besonderer Genugtuung, daß
die Kommission nicht etwa auch umgekehrt vorgesehen hat, daß Minder-
einnahmen durch Zuschläge gedeckt werden sollen. (Heiterkeit. Hieraus
wird man ersehen, daß der Wehrbeitrag nur zu den Zwecken verwendet
werden soll, zu denen er von vornherein bestimmt war. Man wird auch
ersehen, daß denjenigen, die im Jahre 1913 eine schwere Belastung haben
auf sich nehmen müssen, nicht zugemutet werden soll, in einem späteren
Jahre einen Zuschlag zu zahlen, der sich doch nur als neuer Wehrbeitrag
darstellen würde, noch dazu, wo wir mit der später zu zahlenden Ver-
mögenszuwachssteuer zu rechnen haben. Wir verkennen trotzdem nicht, daß
es unter allen Umständen ein gewaltiges Opfer der Nation ist. Sie wird
es bringen, um sich hierdurch die Aussichten auf Frieden zu erkaufen, der
ihr künftig in kultureller und auch in materieller Hinsicht wohl einen Aus-
gleich für die große Aufregung bieten wird. Möge die Dauer dieses
Friedens und mögen die Segnungen dieses Friedens dem hohen Preise
entsprechen, den wir dafür zu zahlen haben! (Lebhafter Beifall.) — Nach
kurzer Debatte wird § 1 in der Fassung der Kommission mit allen Stimmen,
mit Ausnahme der Polen, angenommen, desgleichen ohne Debatte § 2
(Definition des Begriffes Vermögen im Sinne des § 1).
2W76. Juni. (Reichstag.) Die zweite Beratung des Gesetz-
entwurfs über den einmaligen außerordentlichen Wehrbeitrag wird
fortgesetzt.
Nach § 17 der Vorlage soll bei Grundstücken, die dauernd land-
oder forstwirtschaftlichen Zwecken zu dienen bestimmt sind, der Ertragswert
zugrunde gelegt werden. Als Ertragswert gilt das fünfundzwanzigfache des
Reinertrags. § 66 a ist von der Kommission neu eingefügt. Danach ist die