Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunundzwanzigster Jahrgang. 1913. (54)

310 HNos Beutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (September 10.—20.) 
10. September. (Berlin.) Der Anregung des Geheimrats 
Professor Dr. His entsprechend, die staatlichen Radiumankäufe durch 
private Mittel zu unterstützen, wird zur Errichtung einer Groß- 
Berliner Radiumspende ein Komitee gebildet, dem Vertreter der 
Ministerien, der Städte sowie der Finanz und des Handels an- 
gehören. 
10. September. Der bisherige Generalkonsul von Schanghai, 
Wirkl. Legationsrat v. Buri, ist zum außerordentlichen Gesandten 
und bevollmächtigten Minister von Bangkok ernannt worden. 
11. September. (Leipzig.) Tagung des Bundes der In- 
dustriellen. 
Der Vorsitzende Kommerzienrat Friedrich (Potsdam) faßt den prin- 
zipiellen Standpunkt betreffs der Annäherung des Zentralverbandes an den 
Bund der Landwirte in folgenden Sätzen zusammen: „Wir Mitglieder des 
Bundes der Industriellen können nicht verschweigen, daß wir in der Tätig- 
keit, welche der Bund der Landwirte seit nunmehr zwei Jahrzehnten ver- 
folgt hat, vielfach eine scharfe Bekämpfung und geradezu eine schwere 
Schädigung der deutschen Industrie haben erblicken müssen. (Lebh. Sehr 
wahr!) Jedesmal hat der Bund der Landwirte versucht, und zwar in einer 
für uns leider sehr fühlbaren Weise, einseitig Vorteile für die Landwirtschaft 
zu erzielen. Er hat die Industrie und ihre Weiterentwicklung vielfach als 
eine Gefahr für das deutsche Wirtschaftsleben hingestellt und bekämpft. 
Eine Organisation, die solche Ziele verfolgt, ist für uns Industrielle nie 
und nimmer bündnisfähig.“ 
12.—13. September. (Berlin.) Dritter deutscher Richtertag. 
13. September. (Dresden.) Eröffnung des Neuen König- 
lichen Schauspielhauses im Beisein des Königs. 
14.—20. September. (Jena.) Sozialdemokratischer Parteitag. 
Aussprache über den Massenstreik. Reichstagsabgeordneter Eduard 
Bernstein: Ich stimme der Resolution des Parteivorstandes zu, weil ich 
der Meinung bin, daß wir unter den Verhältnissen, die sich in Deutschland 
entwickelt haben, nicht in der Lage sind, weiterzugehen. Wir dürfen uns 
nicht einer romantischen Stimmung gegenüber dem, was gelingen kann und 
nicht, hingeben. (Beifall u. Unruhe.) Wenn man auf Belgien hingewiesen 
hat, so muß doch berücksichtigt werden, daß in Belgien ganz andere Ver- 
hältnisse herrschen als bei uns. Diese anderen Verhältnisse waren es, die 
den belgischen Genossen einen gewissen Erfolg bei ihrem Generalstreik 
ermöglicht haben. Bei uns in Preußen wird die Wahlreform doch lediglich 
von den Konservativen bekämpft, die Regierung und die anderen Parteien 
haben sie zugestanden. Es sind also ganz andere politische Verhältnisse als 
in Belgien, die nicht durch Demonstrationen entschieden werden können. 
Wollen wir denn ins Blaue hinein in den Massenstreik treten? (Unruhe 
u. Beifall.) Wo wollen wir anfangen, und wo wollen wir enden? Wir 
müssen sehr mit uns zu Rate gehen, ob wir in eine Bewegung eintreten 
sollen, von der wir wohl wissen, wie wir hineinkommen, aber nicht, wie 
wir wieder hinauskommen. (Lebhafte Zustimmung). Wann sollen wir mit 
dem Massenstreik aufhören? Sollen wir so lange streiken, bis das allgemeine 
Wahlrecht bewilligt ist? Da könnte man gleich sagen, wir hören erst auf,
	        
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