Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (November 5.—8.) 349
5. November. (Potsdam.) Der König der Belgier als Gast
des Kaisers.
Beim Besuch des 16. Dragonerregiments in Lüneburg, dessen Chef
er ist, wurde er von dem kommandierenden General des 10. Armeekorps,
v. Emmich, dem Oberst v. Bodelschwingh, Kommandeur des hier garnisonieren-
den 2. Hannoverschen Dragonerregiments Nr. 16, von dem Flügeladjutanten
des Kaisers, Oberstleutnant v. Frankenberg und Ludwigsdorf, sowie von den
staatlichen und städtischen Behörden empfangen.
8. November. (Bundesrat.) Die Ausführungsbestimmungen
zum Wehrbeitraggesetz werden veröffentlicht.
8. November. (Leipzig.) Wegen versuchter Spionage ver-
urteilte das Reichsgericht den Angeklagten Morkowski zu drei Jahren
Zuchthaus, Wroblewski zu zweieinhalb Jahren Zuchthaus und Woll-
mann zu zwei Jahren Zuchthaus, ferner alle drei zu je fünf Jahren
Ehrverlust.
Wroblewski und Wollmann, beide russische Staatsbürger, standen
seit dem Januar 1913 gegen eine Entschädigung von je fünfzig Rubel
monatlich im Dienst des russischen Nachrichtenbureaus.
8. November (Bayern.) Eidesleistung König Ludwigs III.
Der König verlas folgende Ansprache: „Ich habe Sie hier als Zeugen
einer bedeutunngsvollen Handlung versammelt. Eine mit der Zeit fort-
schreitende und ihren Anforderungen entsprechende Entwicklung unseres Ver-
fassungslebens ist stets Gegenstand der ernsten Sorge der Herrscher Bayerns
gewesen. Es ist daher zu beklagen, daß nicht rechtzeitig durch entsprechende
Maßnahme der Entstehung eines Zustandes vorgebeugt worden ist, der als
auf die Dauer unvereinbar mit dem monarchischen Gedanken und dem
Staatswohl zu erachten ist. Nur die Erkenntnis, daß die Sorge für das
Wohl der Monarchie und des Vaterlandes eine Beendigung dieses Zustandes
dringend erheischt, hat in mir den schweren Eutschluß reifen lassen, den
Schritt zu tun, der in diesem feierlichen Akte seinen Abschluß findet. Es
hat mich mit Befriedigung erfüllt, daß es dem einmütigen Zusammenwirken
meiner Regierung und des Landtages gelungen ist, in verfassungsmäßiger
Form die Wiederherstellung des Zustandes zu ermöglichen, der dem Ge-
danken der Erbmonarchie, dem Geiste der bayerischen Verfassung und dem
Empfinden des Volkes in gleicher Weise entspricht; möge es mir beschieden
sein, die erfreuliche kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung, die Bayern
in den letzten Jahrzehnten genommen hat, in gemeinsamer Arbeit mit der
Volksvertretung fortzuführen. Für all mein Tun aber wird das Wohl
meines teuren Volkes die Richtlinie bilden. Ich ersuche nun den Herrn
Staatsminister der Zustiz, den in § 1 des 10. Titels der Verfassungsurkunde
bestimmten Eid vorzusprechen.“ Nach dem Verlesen des Eides, welcher lautet:
„Ich schwöre, nach der Verfassung und den Gesetzen des Reiches zu regieren,
so wahr mir Gott helfe und sein heiliges Evangelium“ sprach der Rönig
mit erhobener rechter Hand: „Ich schwöre."“
Staatsminister Dr. Freiherr v. Hertling: „Eure Majestät haben
geruht, durch Leistung des Eides auf die Verfassung die feierliche Hand-
lung zu vollziehen, in der die Bedeutung der Verfassung als der geheiligten
und unverrückbaren Grundlage des bayerischen Staatslebens sinnfällig zum
Ausdruck kommt. Das bayerische Volk, das in Liebe und Ehrfurcht zu