388 Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Dezember 3.)
kränkenden Worten in der Kaserne, aus bubenhaften Schmählichkeiten auf
der Straße durch eine fortgesetzte Steigerung von Wirkung und Gegen-
wirkung erwachsen. Er ist weder für die allgemeinen Zustände bei uns
charakteristisch, noch kann oder muß ein allgemeiner Gegensatz zwischen
Militär= und Zivilverwaltung in den Reichslanden als Ursache für diese
Unstimmigkeiten in Zabern unterstellt werden. M. H., ich glaube, wir
sollten, so wenig erfreulich die Vorgänge der Vergangenheit sind, nicht
lediglich an der Vergangenheit festkleben, sondern wir sollten auf die Zu-
kunft sehen. Für die Zukunft kommt es vor allem darauf an, daß an dem
Herde. wo die Erregung entstanden ist, daß in Zabern wieder normale
ustände hergestellt werden, damit Vorgänge wie die jetzigen, bei denen
eine gesunde Kooperation zwischen den öffentlichen Gewalten nicht statt-
gefunden hat, nicht wiederkehren können. Dazu gehört ein dauernder Kon-
takt zwischen der militärischen und der zivilen Behörde; dazu gehört die
Wiederherstellung des guten und freundschaftlichen Verhältnisses zwischen
dem Militär und der Bevölkerung, wie es in Deutschland allgemein ist,
und wie es in Zabern bis vor kurzer Zeit ein besonders gutes gewesen
ist. Landesverwaltung, m. H., und Militärverwaltung arbeiten gemein-
sam auf dieses Ziel hin. Ein General ist nach Zabern gesandt worden,
um von der militärischen Seite aus das Nötige zu tun. Wenn aus einer
gestrigen Pressenotiz etwa geschlossen sein sollte, daß er dauernd nach Straß-
burg zurückgekehrt wäre — es stand drin, er wäre nach Straßburg ge-
reist — so ist das falsch; sein Kommando ist noch nicht beendet. Es ist
aber durchaus notwendig — und ich spreche die ernste Hoffnung aus —,
daß die elsässische Bevölkerung dieses Bestreben der Behörden von sich aus
unterstützt. Sonst kann dieses Streben nicht zum Ziele führen. Und ich
habe das Vertrauen zu der elsässischen Bevölkerung, auch wenn sich ihrer
infolge dieser Ereignisse eine tiefe Erregung bemächtigt hat, daß sie auf
dieses Ziel mit den Behörden hinarbeiten wird. Gerade mit Rücksicht auf
diese Erregung habe ich mir Mühe gegeben, den Fall objektiv darzustellen.
(Zurufe bei den Sd.: Einseitige Parteinahmel!) Ich habe die Tatsachen ob-
jektiv dargestellt und sie leidenschaftslos betrachtet. Ich habe am Montag
gesagt: Die Autorität der öffentlichen Gewalten und die Autorität der Ge-
setze muß gleichmäßig geschützt werden. (Lebhafte Zurufe bei den Sd.: Sie
ist aber verletzt!) Dabei bleibe ich, und dafür will ich mich einsetzen.
(Bravo!l rechts. Lebhaftes wiederholtes Zischen und Zurufe b. d. Sd.)
Kriegsminister v. Falkenhayn: Soweit die Vorgänge vom 6. bis
11. November in Betracht kommen, habe ich meiner kürzlichen Erklärung
nichts hin zuzufügen. Ich sollte meinen, daß sie alles enthalten hat, was zur
Klarstellung nötig war. Eines freilich, m. H., konnte sie nicht enthalten,
die Zusicherung nämlich, daß sich die Militärbehörde, den von lärmenden
Tumultuanten und hetzerischen Preßorganen (Ungeheurer Lärm in einem
großen Teile des Hauses; der Minister versucht vergebens weiterzusprechen;
erst nach Minuten gelingt es dem Präsidenten, die Ruhe wiederherzustellen,
dann wiederholt der Minister die eben erwähnten Worte, und der Lärm
bricht von neuem los. Zuruf des Abg. Ledebour: Sie reden als Agent
rovocateur. Die weiteren Zurufe des Abg. Ledebour werden von stürmischen
Zurufen auf der Rechten übertönt. Präsident Dr. Kaempf ruft Abg. Lede-
bour zur Ordnung.) Es handelt sich längst nicht mehr um die mehr oder
weniger übertriebenen Verfehlungen des Leutnants oder seiner Rekruten;
es handelt sich um den ausgesprochenen Versuch, durch Pressetreibereien,
durch Aufläufe und durch systematische Beschimpfungen des Militärs einen
ungesetzlichen Einfluß auf die Entscheidung der zuständigen Behörden zu
gewinnen. (Ungeheurer Lärm, Widerspruch bei den Sd.) Ich will ohne