Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Dezember 3.) 391
ich hoffe, daß es nicht in dem Zusammenhange gefallen ist; es wäre ein
zu grausames Wort gewesen. Auch das Militär untersteht dem Gesetz und
dem Recht (stürmische Zustimmung im Zentrum, links und bei den Sozial-
demokraten), und wenn wir zu den Zuständen kämen, das Militär „ex lege“
zu stellen und die Zivilbevölkerung der Willkür des Militärs preiszugeben,
dann, m. H.: finis Germaniae! M. H., es ist schmerzhaft für mich, in dieser
Stunde so reden zu müssen. Ich will nur die Hoffnung haben, daß der
Ton, in dem der Herr Kriegsminister heute gesprochen hat, nicht die Resonanz
von Unterhaltungen ist, die kurz vorhergegangen sind. Aber, m. H., das
muß ich aussprechen: es ist ein dies ater für das Deutsche Reich, dieser
3. Dezember 1913. Ich hatte nicht erwartet, so sprechen zu müssen. Das
stimmt gar nicht mit meiner ganzen Disposition, wie ich sie mir zurecht
gelegt hatte. Aber gerade gegenüber diesen Ausführungen, die wir hier
gehört haben, war es Pflicht und Schuldigkeit des ersten Redners aus dem
Hause, in entsprechender Weise seiner Meinung Ausdruck zu geben. (Stür-
misches Bravo und Händeklatschen im Zentrum und links. — Glocke des
Präsidenten.)
Präsident: M. H., es gehört nicht zu den Gepflogenheiten dieses
Hauses, in die Hände zu klatschen.
Abg. Fehrenbach (Z) fortfahrend: Namentlich angesichts der Be-
mühungen, die wohlmeinende Elemente im Deutschen Reichstag sich ge-
geben haben, um die Verhältnisse des Elsaß zu sanieren und ihm die Wohl-
taten einer Verfassung zuteil werden zu lassen, die immer wieder eintreten
für die Zustände dort, auch für die Behörden dort, wo sie im Rechte sind,
ist es traurig und schmerzhaft, daß man solche Erfahrungen am heutigen
Tage machen muß. Daß das auch noch in Zabern geschieht, dem deutsch-
gesinnten Zabern, das setzt der ganzen Sache die Krone auf. Da meine
ich, aus Ihrer Presse (zur Rechten gewendet) oder — ich will sagen —
aus der Scharfmacherpresse werden Aeußerungen laut, die unverständlich
sind, und die geeignet wären, jede Beziehung dieser Kreise mit dem Volk
und jedes Interesse des Volks für diese Kreise für ewige Zeiten zu ver-
nichten. Seit 1877 hat Zabern einen Vertreter der Reichspartei in den
Deutschen Reichstag geschickt. Zabern war der erste Wahlbezirk in Elsaß-
Lothringen, der sich mit beiden Füßen auf den deutschen Standpunki stellte
und einen Mann in eine, hier schon als altdeutsche bestehende Fraktion
hineindelegiert hat. Und das geschieht in diesem Zabern! Ich meine,
m. H., Sie seien es bei aller Vorliebe für das Militär dem Andenken Ihres
ehemaligen Kollegen Hoeffel schuldig, hier doch zu sehen, wo das Richtige
ist. Wenn Herr Dr. Hoeffel da wäre, er würde Sie des Richtigen belehren.
Der Herr Reichskanzler hat sich ausschließlich auf die Berichte des General-
kommandos gestützt. Von Berichten des Zivilkommandos, der Zivilverwal-
tungen haben wir gar nichts gehört. Daß die Berichte des Generalkom-
mandos, die sich natürlich nur auf die Aussagen der einen beteiligten Seite
aufbauen, durchaus unschlüssig sind und ein klares Bild über die Sache
nicht ergeben, liegt ja für jeden Richter auf der Hand. M. H., schon der
Inhalt der Berichte gibt die Färbung dieser Berichte. Ueber den Anfang
des Streits äußert sich das Generalkommando mit kolossaler Breite. Da
weiß es ganz genau alle die Geschichten vom Steinwerfen und von den
einzelnen Aeußerungen. Was aber hernach passiert, wie es an die bedenk-
liche Seite des Militärs kommt, da fängt das Schweigen in dem Bericht
des Generalkommandos an. Das ist nicht auf das Generalkommando
zurückzuführen, es ist eben auf die Berichte angewiesen, die ihm von dieser
beteiligten Seite zugegangen sind. Objektiv waren diese Berichte nicht.
Und nun, m. H., was ist schließlich am Ende aller dieser Dinge das Re-