466 Bie ssterreichisch-ungarische Monarchie. (Oktober 26.—30.)
26. Oktober. Kaiser Wilhelm weilte als Gast des Kaisers
Franz Joseph in Schloß Schönbrunn und trat von dort die Rück-
reise nach Berlin an.
26. Oktober. (Agram.) Aburteilung des russischen Staats-
angehörigen Jan Koopkoet, der in Agram als russischer Spion
tätig war.
Die Untersuchung hat ergeben, daß Koopkoet mit dem Großen General-
stab in Petersburg in Verbindung stand. Durch die genaue Erforschung
der Art der Verbindungen des Koopkoet mit seinen Auftraggebern kamen
die Behörden auf die Spur eines förmlichen russischen Spionagenetzes in
der Monarchie, dessen Mitglieder nach und nach unschädlich gemacht wurden.
Da die Tätigkeit Koopkoets in eine Zeit fiel, wo nach dem Militärstrafgesetz
selbst Versuche der Spionage mit der Todesstrafe zu ahnden sind, lautet
das Urteil auf Tod durch den Strang.
W. Oktober. Der bisherige englische Botschafter Sir Fairfar
Cartwright ist vom Kaiser in Abschiedsaudienz empfangen worden.
30. Oktober. (Cisleithanien.) Zur neuen Wehrvorlage.
In der Wehrvorlage, wodurch das bisherige Rekrutenkontingent um
31000 Mann erhöht werden soll, findet sich auch die Feststellung, daß bei
den diesjährigen Stellungen über 40000 Volltaugliche als überzählig zurück-
gestellt wurden. Weiter erfährt man aus dem Bericht, daß die Ziffer der
Stellungsflüchtigen, die, wie in der letzten Zeit mehrfach gemeldet wurde,
durch die verschiedensten ausländischen Agenten über die Grenze befördert
wurden, auf die enorme Höhe von 193000 Mann hinauf#geschnellt ist. (Siehe
16. Oktober.) Weiter wird in der Begründung ausgeführt, daß zwei neue
Landwehr-Ulanenregimenter zur Aufstellung gelangen und die Truppen-
vermehrung hauptsächlich für den verstärkten Grenzschutz bestimmt ist. In
dem Ausbauprogramm ist ferner die Aufstellung von vierzehn neuen Haubitz-
regimentern vorgesehen, wodurch im Zusammenhange mit dem Ausbau der
Landwehrartillerie die Zahl der Geschütze der Division auf 60 erhöht wird.
Die Kosten belaufen sich an fortlaufenden Ausgaben auf 41 Millionen
Kronen, an einmaligen Ausgaben auf 108 Millionen Kronen, für die öster-
reichische Landwehr an einmaligen Ausgaben auf 76360000 Kronen, an
fortlaufenden Ausgaben auf 28590000 Kronen.
30. Oktober. (Cisleithanien.) Die Regierung bringt im
Abgeordnetenhause den Gesetzentwurf über die Erhöhung des Rekruten-
kontingents ein. Steuernovellen.
Danach beträgt die Vermehrung für die beiden Reichshälften 1914:
5600, 1915: 11300, 1916: 17000, 1917: 17500, 1918 und in den fol-
genden fünf Jahren 18000 Mann für die gemeinsame Armee. Gleichzeitig wird
das Rekrutenkontingent der österreichischen Landwehr stufenweise um 6000 Mann
erhöht, so daß das Gesamtkontingent der gemeinsamen Armee einschließlich
der Marine und der beiden Landwehren 1918 243800 gegen die gegen-
wärtige Ziffer von 212500 betragen wird. Die Begründung des Gesetz-
entwurfs verweist auf die weitreichenden Maßnahmen der Großmächte zur
Verstärkung ihrer Streitkräfte und auf die entsprechenden Vorsorgen der
Balkanstaaten. Das Haus nimmt in dritter Lesung die Automobil-, Schaum-
wein= und Totalisatorsteuern an und setzt dann die zweite Lesung der
Branntweinsteuernovelle fort.