Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunundzwanzigster Jahrgang. 1913. (54)

Die öt##rreichisch-ungerische Monarchie. (Dezember 22.—29.) 479 
er habe nicht gewußt, daß Minister Dlugosz diese Gelder sich wiederum 
vom Ministerpräsidenten zurückerstatten ließ. Der alldeutsche Abg. Jro 
rief: „Das ist ein Skandal ohnegleichen. Da geht es ja zu wie in Albanien. 
So werden unsere Steuergelder verschleudert!“ Der Abg. Stapinski ist 
samt fünf Anhängern aus dem Polenklub ausgetreten. Die sechs Abgeord- 
neten bilden eine neue parlamentarische Gruppe unter der Führung Kubiks. 
22. Dezember. Der polnische Landsmannminister Dlugosz, 
der nach der ihn schwer belastenden Versammlung am 14. d. M. 
bereits seine Demission angeboten hatte, hat formell sein Entlassungs- 
gesuch überreicht. 
B. Dezember. (Meran.) Finanzminister v. Zaleski ##im 
Sanatorium Martinsbrunn, 44 Jahre alt. 
25. Dezember. (Wien.) Der ehemalige Generalkonsul, lang- 
jährige Landtagsabgeordnete und Handelskammerrat Ritter Alfred 
v. Lindheim f# im 78. Lebensjahre. 
27. Dezember. (Cisleithanien.) Mit der Leitung des durch 
den Tod des Ministers v. Zaleski verwaisten österreichischen Finang- 
ministeriums ist der bisherige Sektionschef Freiherr Engel v. Main- 
felden betraut worden. 
27. Dezember. (Kroatien.) In Agram wurde der Landtag 
nach einer zweijährigen Pause wieder eröffnet. 
29. Dezember. (Galizien.) Ruthenische Verschwörung. 
Verhandlung gegen Alexander Kabalyuk und 180 Genossen, die des 
Verbrechens des Aufstandes und des Vergehens der Aufreizung beschuldigt 
sind. Kabalyuk ist flüchtig. Die Staatsanwaltschaft veröffentlicht die An- 
klageschrift in dem Prozesse, aus der folgendes zu entnehmen ist: Dem 
Alexander Kabalyuk und fünfundzwanzig seiner Genossen wird zur Last 
gelegt, sich der Aufreizung und des Aufstandes schuldig gemacht zu haben 
und zwar dadurch, daß sie im Einvernehmen mit dem Grafen Wladimir 
Bobrinsky, Präsidenten des Volkswohlfahrtsvereins des russischen Volks- 
bundes, ferner im Einvernehmen mit den Czernowitzer Einwohnern, dem 
Arzt Roman Gerovsky, dem Advokaten Dr. Alexander Gerovsky und dem 
Ingenieur Georg Gerovsky, die von griechisch-katholischen Ruthenen be- 
wohnten Landgebiete unter russische Herrschaft zu bringen strebten. Zu 
diesem Zwecke sollen sie auf Märkten und auf Kirchweihfesten der Komitate 
Marmaros, Ugocsa und Bereg mit materieller Unterstützung des Peters- 
burger Vereins der galizischen Ruthenen verschiedene Flugschriften und 
Blätter verbreitet haben, in denen der russische Nationalgedanke und die 
griechische nicht-unierte Kirche gepriesen, die griechisch-katholische Konfession 
und deren Priester sowie die ungarische Nation und die Behörden des 
ungarischen Staates geschmäht und zum Haß gegen diese aufgereizt wurde. 
Den anderen Angeklagten wird zur Last gelegt, daß sie die erwähnten 
Schriften in größeren Versammlungen vorgelesen, erläutert und unter der 
Bevölkerung verbreitet hätten. 
29. Dezember. (Bosnien.) Der Landtag wird in Sarajewo 
feierlich eröffnet.
	        
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