Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunundzwanzigster Jahrgang. 1913. (54)

Greßbritanzien. (April 24.— Mai 20.) 507 
24. April. (Unterhaus.) Echo der Reichstagsverhandlungen 
über Rüstungstreiberei. 
Der Liberale Cowan fragte, ob der Premierminister aufmerksam auf 
die im deutschen Reichstag aufgestellten Behauptungen geworden sei, daß 
gewisse Munitionsfabriken systematisch versuchten, durch die Presse und auf 
andere Weise die öffentliche Meinung zugunsien der Rüstungssteigerungen 
zu beeinflussen. Ferner fragte er, ob Asquith zur Sicherung gegen ähn- 
liche Gefahren in England eine Verstaatlichung der englischen Waffenfabriken 
erwägen wolle. Asquith erwiderte, daß er Zeitungsberichte über diese An- 
gelegenheit gelesen habe; den zweiten Teil der Frage müsse er verneinen. 
28. April. (London.). Konferenz der Botschafterreunion. 
Oesterreich-Ungarn hält sich nicht an die Ansicht anderer Mächte, 
daß durch Hinauszögern etwas zu gewinnen ist, es ist im Gegenteil der 
Meinung, daß der Aufschub irgendwelcher Schritte, für den sich Europa 
angesichts der Herausforderung Montenegros entschließt, die Lage nicht nur 
für Europa selbst, sondern auch für den König Nikolaus noch schwieriger 
gestaltet. Oesterreichlingarn kann daher der Oinauszögerung auf unbestimmte 
Zeit nicht zustimmen. Durch seine benachbarte Lage ist es unmittelbar 
interessiert und obwohl es angesichts seiner Beziehungen zu Montenegro 
nicht zum Aeußersten zu gehen wünscht, ist es sich doch klar, daß etwas von 
bestimmter Art geschehen muß. Einfache Flottendemonstrationen erwiesen 
sich als nutzlos, Montenegro wird, falls es Skutari nicht räumen will, dazu 
gezwungen werden müssen. 
5. Mai. (London.) Entwurf der Friedensbedingungen durch 
die Botschafterreunion: 
Der erste Paragraph verzeichnet die Tatsache, daß Friede und Freund- 
schaft unter den Kriegführenden wiederhergestellt sind. Der zweite Para- 
graph sieht die Abtretung allen Gebietes westlich der Linie Enos — Midia 
seitens der Türkei vor. In einem weiteren Artikel geben die Kriegführenden 
ihre Zustimmung, die Grenzen und den Status Albaniens durch die Mächte 
festsetzen zu lassen. Kreta soll an Griechenland abgetreten werden, während 
das Schicksal der Aegäischen Inseln und des Berges Athos der Entscheidung 
der Mächte vorbehalten bleibt. Artikel 6 sieht vor, daß alle finanziellen 
und wirtschaftlichen durch den Krieg hervorgerufenen Fragen von der in 
Paris tagenden finanziellen Kommission behandelt werden sollen. Es ist 
auch eine Bestimmung getroffen für den Abschluß von Sonderabkommen 
zur Behandlung von Fragen der Jurisdiktion und anderer ähnlicher 
Gegenstände. 
6. Mai. (Unterhaus.) Die Frauenwahlrechtsvorlage wird 
mit 266 gegen 219 Stimmen abgelehnt. 
20. Mai. (London.) Botschafterreunion. 
Die Verhandlung ergab die Tatsache, daß vollständige Einmütigkeit 
über die Notwendigkeit besteht, daß die Verbündeten den Vorfrieden so- 
fort unterzeichnen. Gleichzeitig hielt die Botschaftervereinigung an der 
Tatsache fest, daß die Verbündeten, wenn sie den Vorfrieden unterzeichneten, 
damit in keiner Weise ihre Stellung gegenüber den Mächten beeinflußten. 
Die Botschafter betonten als wesentlichen Punkt, daß die Balkanstaaten mit 
der Unterzeichnung des Vorfriedens lediglich den Frieden mit der Türkei 
unterzeichneten und nicht ihr Recht berührten, mit den Mächten die Fragen 
zu erörtern, die diesen zur Entscheidung vorbehalten seien. Sie drückten
	        
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