Greßbriiannien. (November 8. 10.) 521
Zeitungen freimachen würden. Wenn dieses Geld für soziale Reformen
verwendet würde, so würde ein neues England erstehen.
8. November. Schiedsgerichtsvertrag mit Frankreich (siehe
Frankreich 8. November).
10. November. (London.) Churchill über Flotten- und Luft-
rüstung.
Auf dem Lordmayorsbankett in der Guildhall sagte der Marine-
minister Churchill in Erwiderung auf einen Trinkspruch auf Heer und
Marine: Die britische Marine werde im nächsten Kriege 150000 Seeleute
und Marinesoldaten zählen, eine Stärke, welche zum ersten Male die größte
Zahl von Mannschaften übertreffe, die während der napoleonischen Kriege
aufgebracht worden sei. Diese unvergleichliche Macht sei zweimal so stark
als diejenige der nächststärksten Seemacht und, was die Dauer der Dienst-
zeit und Ausbildung anbetreffe, drei oder viermal so stark. Churchill fuhr
dann fort: „Wir kommen heute abend hier unter Verhältnissen zusammen,
die von einer Gefahr für den Frieden Europas freier sind, als es bei den
beiden früheren Gelegenheiten der Fall war, bei denen ich auf Ihrem
Bankett die Ehre hatte, auf diesen Trinkspruch zu antworten. Unsere See-
macht hat seit jenen beiden früheren Gelegenheiten, bei denen wir hier zu-
sammenkamen, eine größere Entwicklung genommen, sowohl tatsächlich wie
relativ. Sie dürfen jedoch nicht annehmen, daß gegenwärtig ein Nachlassen
unserer Bemühungen möglich ist, noch dürfen Sie glauben, daß eine Ver-
minderung der Last, die wir tragen und die jedes andere Land außer dem
unfrigen erdrücken würde, in unmittelbarer Zukunft wahrscheinlich ist. Die
Stärke und die ungebrochene Entwicklung der deutschen Marine und der
Umstand, daß viele große und kleine Mächte auf der ganzen Welt gleich-
zeitig große moderne Kriegsschiffe bauen, werden zweifellos von uns Aus-
gaben und Anstrengungen verlangen, die größer sind, als wir sie uns je-
mals zuvor in Friedenszeiten auferlegt haben. Nächstes Jahr wird es meine
Pflicht sein, falls ich noch weiterhin für dieses wichtige Amt verantwort-
lich bin, dem Parlament Voranschläge zu unterbreiten, die wesentlich höher
sind als die ungeheure Summe, die ursprünglich im gegenwärtigen Jahre
bewilligt wurde. Die Regierung wird gern jede günstige Gelegenheit er-
greifen, um den Wettbewerb in den Marine- und Heeresrüstungen zu ver-
mindern, die unheilvoll und ein Vorwurf für das moderne Europa sind.
Was aber notwendig ist, muß getan werden, und wir werden keinen Augen-
blick zögern, uns frank und frei um Bewilligung von Mannschaften und
Geld an das Parlament zu wenden.“ Churchill schloß: „Selbst in den Re-
gionen der Luft hat die britische Marine den Wettbewerb keiner anderen
Marine zu fürchten. Die britische Marine hat hierin einen Punkt des
Fortschrittes erreicht, der allem voraus ist, was anderwärts erreicht worden
ist. Dies ist jedoch nicht genug, die dauernde Sicherheit dieses Landes kann
nicht durch Waffengewalt aufrecht erhalten werden, wenn wir nicht imstande
sind, uns zur ersten Nation auf dem ganzen Gebiet der Luftschiffahrts-
entwicklung zu machen. Andere Länder haben damit früher begonnen, das
angeborene Genie der Franzosen, die unbezwingbare Ausdauer der Deutschen
haben auf diesem Gebiete Ergebnisse gezeitigt, denen wir gegenwärtig nicht
gleichkommen können. Um diese Stellung zu erreichen, müssen wir uns
entschließen, Jahr für Jahr Geld aufzuwenden, und Monat für Monat
kostbare Menschenleben zu opfern. Sodann werden wir zweifellos im Luft-
krieg jene Vollendung erreichen, welche nicht nur für die Seestärke, sondern
auch für die Sicherheit der Nation unentbehrlich ist.“