558 Krankreich. (September 29.—Oktober 2.)
von dem letzten Manöver keinen günstigen Eindruck gewonnen, und ihre
Anschauung würde von fast allen Generalstabsoffizieren geteilt. In ein-
gehender Weise werden sodann die von den verschiedenen Brigadegeneralen
und Regimentskommandeuren begangenen Fehler kritisiert und angedeutet,
daß Kriegsminister Etienne im Gegensatz zu seinen Vorgängern Messimy
und Millerand allzu große Milde walten zu lassen scheine. — Im Zusammen-
hang damit kündigen dem französischen Kriegsminister nahestehende Zeitungen
eine Reihe von ienstentheluungen in der Generalität an. Der Generalissi-
mus Joffre bestehe darauf, daß rücksichtslos die Konsequenzen aus den be-
gangenen Fehlern zu ziehen seien. Die am 13. September vom 18. Korps
erlittene Niederlage schreibt Joffre vornehmlich der Unfähigkeit eines nur
aus Mitleid im aktiven Zustand behaltenen Generals zu. In diesem Korps
wären die wichtigsten Befehle entweder mit beklagenswerter Verspätung
übermittelt oder absolut mißverstanden worden. Dadurch sei eine Ver-
wirrung entstanden, die die Mannschaften wiederholt zu ganz zwecklosen
Gewaltmärschen zwang. Die Unpünktlichkeit in der Verpflegung sei somit
nicht so sehr den Intendanzorganen als den Truppenchefs zuzuschreiben.
Verhältnismäßig gute Leistungen waren beim 16. Korps zu verzeichnen. Der
Generalissimus meint, daß das 16. Korps darum gut abgeschnitten habe, weil
es ausreichende Uebungsplätze hatte, während solche dem anderen Korps fehlen,
ein Umstand, der nicht wenig zur Erschlaffung der Leute beigetragen hätte.
29. September. (Paris.) Der serbische Ministerpräsident
Paschitsch wurde vom Präsidenten Poincaré in Rambouillet em-
pfangen.
28.—29. September. Reise des Ministerpräsidenten Barthon
nach San Sebastian, wo er vom König von Spanien empfangen wird.
30. September. Noch eine abfällige Manöverkritik. (Siehe
26. September.)
Der Senator Charles Humbert veröffentlicht im „Journal“ eine
äußerst scharfe Kritik der fran zösischen Herbstmanöver. Er erklärt, daß die Armee
schlecht ausgebildet, schlecht ausgerüstet und schlecht befehligt sei, und schließt
mit den Worten: „Wenn wir unsern Soldaten die Mittel gegeben haben,
sich auszubilden, wenn wir ihnen die den Bedürfnissen des Fortschrittes
entsprechenden Waffen geliefert haben werden, dann werden wir noch immer
nichts getan haben, wenn wir ihnen nicht jene Führer geben, welche ihre
Tapferkeit verdient. Statt einer starken und zum Siege bereiten Armee
werden wir dann nur eine ungeheure, für den Zusammenbruch reife
Menschenherde besitzen.“ Auch die vielgerühmte Artillerie verdient nach
Humberts Meinung die schärfste Kritik.
1. Oktober. Der am 29. September bei Boulogne-sur-Meer
gelandete deutsche Fliegeroffizier Steffen wurde von der französischen
Regierung ermächtigt, mit der Eisenbahn nach Deutschland zurück-
zukehren.
2. Oktober. Der „Temps“ widmet der von Prof. Okfried
Nippold herausgegebenen Flugschrift über den deutschen Chauvinis-
mus eine ausführliche Besprechung.
Er erkennt besonders an, daß sich in Deutschland selbst eine Be-
wegung gegen das Alldeutschtum geltend mache, und schließt: „Ohne