Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunundzwanzigster Jahrgang. 1913. (54)

krankreich. (Oktober 25.—November 4.) 565 
Partei Socialistes unifiés, veröffentlicht ein Buch: „Faites un roi, 
sinon faites la paix.“ 
Also: Nehmt einen König, wenn Ihr euch auf den Revanchekrieg 
versteist; die Republik gedeiht nur im Frieden. In Wirklichkeit haben sich, 
wie Sembat ausführt, die Franzosen längst entschieden, indem sie die 
republikanische Staatsform wählten. Tatsächlich hat auch noch kein Kan- 
didat zur Kammer sich als Anhänger der Kriegspolitik bekannt, weil eben 
keine Wähler dafür zu haben sind. Ferner haben sich die Franzosen durch 
Verträge verpflichtet, die bestehenden Landesgrenzen zu achten, denn das 
Bündnis mit Rußland und die Entente cordiale mit England sind beide 
auf der Voraussetzung des Statusquo geschlossen. Wozu sollen uns nun, 
so fragt der Verfasser, Russen und Engländer nützen, wenn sie uns nur 
unter einer Voraussetzung beistehen, unter der. wir uns mit den Deutschen 
selbst vertragen können? Deutschland verlangt ja gar nichts anderes; der 
Kaiser hat uns das unzählige Male zu verstehen gegeben. Wenn also die 
Tripleentente genau dieselbe Grundlage hat wie ein französisch deutsches 
Einvernehmen — weshalb denn nicht gleich dieses letztere zur Basis des 
Friedens machen? Von einem Bundesvertrag erwartet Marcel Sembat 
das Heil für beide Nationen, für Frankreich namentlich eine Auffrischung 
der Lebenskraft durch einen Zuzug germanischen Blutes. Er drängt zur 
Entscheidung und warnt vor Halbheit: blieben die Verhandlungen auf 
halbem Wege stecken, so würde der Friede noch mehr gefährdet als durch 
die jetzige Kriegspolitik der Chauvinisten. 
25. Oktober. Der Marineminister Baudin richtete an den 
Seepräfekten von Brest einen Erlaß, in dem er daran erinnert, 
daß entsprechend dem Trennungsgesetz von 1905 an Bord der Kriegs- 
schiffe keinerlei religiöse Veranstaltung gestattet sei und daß dem- 
zufolge die auf dem als Marineschulschiff dienenden Kreuzer „Duguay 
Trouin“ abgehaltenen sonntäglichen Gottesdienste wegzufallen haben. 
30. Oktober. Veränderungen in der Generalität. 
Der Ministerrat hat zu Mitgliedern des obersten Kriegsrats ernannt 
General Ruffey, Kommandant des 13. Armeekorps, und Divisionsgeneral 
Castelnau, ersten Unterchef des allgemeinen Generalstabes der Armee. 
General Taverna, Kommandeur des 8. Armeekorps, ist zum Kommandanten 
des 16., General Alix, Kommandeur des 16. zum Kommandeur des 13., 
Divisionskommandeur Sarrail zum Kommandeur des 8. Armeekorps, der 
Kommandeur der Truppen in Westmarokko, General Franchet Desperey, 
zum Kommandeur des 1. Armeekorps, Divisionsgeneral Belin zum ersten 
Unterchef des allgemeinen Generalstabs der Armee ernannt worden. 
4. November. (Kammer.) Die Gesamtsumme der im Budget 
1914 geforderten Kredite beträgt rund 5373300000 Franken, die 
Vermehrung der Ausgaben ungefähr 681.000000 Franken, die durch 
die Einnahmen nicht gedeckte Summe wird auf 794000000 Franken 
geschätzt. 
Die hauptsächlichen Vermehrungen der Ausgaben werden hervor- 
gerufen durch die Mehrkosten für Marokko mit 202 Millionen, durch die 
Anwendung des Gesetzes über die dreijährige Dienstzeit mit 170 Millionen 
und durch andere Kapitel für die nationale Verteidigung mit 157 Mil-
	        
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