596 Schweiz. (November 17.—Dezember 11.)
eine Schwächung der Einnahmen zur Folge haben. Es sei denn, daß zuvor
neue, mindestens ebenso reichlich fließende Einnahmequellen erschlossen werden.
Vorerst sei die größte Vorsicht in den Ausgaben geboten. Es lasse sich die
Amortisationsquote etwas reduzieren. Ferner nehme der Bundesrat eine
mäßige Reduktion der Subventionen an die Kantone in Aussicht. An den
Militärausgaben sei nicht zu rühren. Was die Erschließung neuer Ein-
nahmegquellen betreffe, so erinnert der Bundesrat an die vor Jahren vor-
geschlagene Erhöhung der Telephontaxen, die vom Nationalrat fallen ge-
lassen wurde, ferner habe das Finanzdepartement einen Bericht von einem
Experten eingeholt, der zu dem Schluß kommt, in Betracht könnten nur
fallen eine Erhöhung der Eingangszölle auf Wein, Bier, Alkohol, Petroleum,
Zucker und Kaffee und anderseits eine Besteuerung oder Verstaatlichung
der Tabakfabrikation; jedoch behalte sich der Bundesrat vollständige Freihei#t
in der Untersuchung dieser Fragen vor.
17. November. (Genf.) Die Untersuchung gegen den französi-
schen Offizier und Ingenieur im Kriegsministerium, Larguier, der
eine internationale Spionageagentur betrieb, sowie den übersetzer
Rosselet ergab das Bild einer internationalen Spionage größten
Umfanges. Ein ganzes Netz von Agenten arbeitete hier zugunsten
Frankreichs gegen Deutschland, Osterreich-Ungarn, die Schweiz und
Italien.
25. November. In der Genfer Spionageaffäre beschloß der
Bundesrat auf Grund von Artikel 70 der Bundesverfassung, den
französischen Hauptmann Larguier, der eine internationale Spionage-
agentur unterhielt, sowie die für ihn arbeitenden Spione Menozzi
und Rossetti auszuweisen. Was den in die Sache verwickelten offi-
ziellen Übersetzer Rosselet anbetrifft, so stellt der Bundesrat die
Strafbemessung den Genfer Behörden anheim.
9. Dezember. Bei der Etatberatung im Nationalrat schlug
Sigg-Zürich (Sd.) die Streichung des Kredits für die Gesandtschaft
in Petersburg vor, um gegen die Niederdrückung der politischen
Freiheit und die russische Regierung zu protestieren. Der Antrag
wurde mit 77 gegen 16 Siimmen abgelehnt.
11. Dezember. Die Bundesversammlung ernannte mit 180
von 194 Stimmen Bundesrat Hoffmann zum Bundespräsidenten
für 1914. Hoffmann (St. Gallen) gehört der freisinnigen Partei an.
Zum Vizepräsidenten wurde mit 190 von 205 Stimmen Motta aus
Tessin (katholisch) gewählt.
Infolge seiner Wahl übernimmt Hoffmann das politische Departe-
ment, Müller die Polizei und Justiz, Decoppet das Militär. Die Besetzung
der anderen Departements bleibt wie folgt: Motta Finanzen, Forrer Eisen-
bahnen, Schultheß Handel, Industrie und Landwirtschaft, Calonder Inneres.