Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunundzwanzigster Jahrgang. 1913. (54)

Norwezen. (Dezember 4.) 609 
alle diejenigen Stämme sein, die mit Stolz sich zu der gewaltigen Gruppe 
der indogermanischen Völker zählen! Wie er so dasteht, schwertfroh und 
schwertgewohnt auf die vornehmste und Lieblingswaffe der Germanen, auf 
sein gutes Schwert „Angurwadel" gestützt, „das stets Böses schlug, litt 
Unrecht nie“: In männlicher Zuversicht und unerschrockenem Selbstgefühl, 
so soll er alle Indogermanen daran erinnern, daß sie eines Stammes, eines 
Blutes sind, daß ihnen durch Gottes Gnade vergönnt gewesen ist, in der 
Vergangenheit Großes für die Entwicklung der Welt und ihrer Kultur zu 
leisten, und daß sie treu und fest zusammenhalten sollen, um auch in Zu- 
kunft die großen Aufgaben, die Gott ihnen stellen wird, zum Segen der 
ganzen Menschheit gemeinsam zu lösen. Das will Ich, daß Fridtjof allen 
sagt, die ihn betrachten werden. Das walte Gott! Geruhen Euere Majestät 
nunmehr dieses Denkmal, das Zeichen Meines Kaiserlichen Dankes an 
Norwegen, in Gnaden übernehmen zu wollen! Achtung! präsentiert! Drei 
Hurra für Seine Majestät den König Haakon VII.“ 
König Haakon von Norwegen erwiderte mit folgenden Worten: 
„Es ist mir eine liebe Pflicht, Euerer Majestät sowohl im Namen 
der Norweger als auch in Meinem eigenen Namen für das uns von Enerer 
Majestät geschenkte grandiose Kunstwerk zu danken. Es erinnert uns an 
die Taten unserer Wikinger und es wird dazu beitragen, ihr Andenken 
auch für unsere Nachkommen zu bewahren und ihnen zu zeigen, daß Helden- 
taten nicht mit der Person sterben. Unsere Freude über das Denkmal wird 
durch unsere Hochschätzung des Gebers sehr erhöht. Seit vielen Jahren, 
Ich glaube seit 1888, besuchen Euere Majestät jährlich Norwegen. Euerer 
Majestät große Gaben an den Dom zu Trondhjem, Euerer Majestät groß- 
artige Hilfe beim Brand Aalesunds im Jahre 1904 sowie auch Euerer 
Majestät Liebenswürdigkeit gegen alle, die mit Euerer Majestät in Be- 
rührung gekommen sind, dies alles vereint, hat bewirkt, daß wir Norweger 
in Euerer Majestät einen Freund Norwegens sehen. Bei diesem speziellen 
Anlaß sehe Ich Mich als berechtigt an, von Euerer Majestät Besuch mit 
besonderer Dankbarkeit zu sprechen. Es ist dies das Jubiläumsjahr Euerer 
Majestät. Es muß einen jeden beim Rückblick freuen, daß die verflossenen 
Jahre Jahre des Friedens für Deutschland gewesen sind, und groß sind 
die Fortschritte, auf die die Nation in allen Richtungen mit Zufriedenheit 
zurückblicken kann. Es ist Euerer Majestät in diesen Regierungsjahren zu 
beweisen gelungen, wie der Charakter eines Monarchen auf eine ganze 
Nation einwirken und diese zum Patriotismus, zur Selbstaufopferung und zur 
Pflichterfüllung anspornen kann. Indem Ich die Hoffnung ausspreche, daß 
Euerer Majestät zur fortgesetzten Arbeit für das Wohl Deutschlands noch 
viele Jahre vergönnt werden mögen, bringe Ich ein Hoch auf Seine Mojestät 
den Kaiser aus.“ Der König hielt diese Rede deutsch. Zuletzt sagte er auf 
norwegisch: „Mit diesen Worten will Ich alle Norweger bitten, mit Mir 
ein dreifaches Hurra für Kaiser Wilhelm auszubringen.“ 
4. Dezember. (Christiania.) Bei den Stadtverordneten- 
wahlen, die nach der Verhältniswahl erfolgten, entfielen auf die 
Sozialdemokratie 30 868 Stimmen, auf die Rechte 30000, auf die 
radikale Linke 7130 und auf die freisinnige Linke 4360 Stimmen. 
Danach zählen die Sozialdemokraten 36 Vertreter gegen 31 der 
vorigen Versammlung, die Rechte 35 gegen 39, die radikale Linke 8 gegen 
8 und die Freisinnigen 5 gegen 6. 
  
Europäischer Geschichtskalender. LIV. 39
	        
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