Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunundzwanzigster Jahrgang. 1913. (54)

Bulgarien. (April 19.—Juni 11.) 647 
richtigen Wunsch, diese Aufgaben zu erleichtern, die von den Mächten vor- 
geschlagenen Bedingungen für die Vermittlung mit folgenden Vorbehalten an: 
1. Gelegentlich der endgültigen Festsetzung der Grenzen Thraziens 
wird die in den von den Mächten formulierten Bedingungen enthaltene 
Linie als Grundlage und nicht als endgültige Grenzlinie angenommen. 
2. Die ägäischen Inseln werden von der Türkei den Verbündeten 
abgetreten. 
3. Die Verbündeten meinen, daß sie die in Aussicht genommenen 
Grenzen Albaniens im voraus kennen lernen müssen, und hoffen, daß diese 
mit jenen Grenzlinien übereinstimmen werden, die sie in London vor- 
geschlagen haben. 
4. Die Forderung nach einer Kriegsentschädigung soll im Prinzip 
angenommen und die Aufgabe, ihre Höhe zu bestimmen, der Kommission 
überlassen werden, die sich mit der Inselfrage beschäftigen wird und in der 
die Alliierten vertreten sein werden. 
5. Die Alliierten stimmen zu, daß die Kriegsoperationen von dem 
Angenblick an aufhören, wo die oben angeführten Bedingungen im günstigen 
Sinne ausgenommen und zur Annahme gelangen werden.“ 
19. April. Nach vorläufiger Aufstellung betrugen die Verluste 
der verbündeten Heere an Toten und Verwundeten: Bulgaren 84000, 
Serben 22000, Griechen 11000, Montenegriner 6000 Mann. 
2. Juni. Die Ministerpräsidenten Paschitsch und Geschow 
hatten nachts in Zaribrod eine Zusammenkunft, um ihre An- 
sichten über die Lage auszutauschen. Sie einigten sich prinzipiell, 
daß die Ministerpräsidenten der vier verbündeten Staaten zusammen- 
treten sollen, um zu versuchen, zu einem Einvernehmen über alle 
die Verbündeten berührenden Fragen zu gelangen. 
11. Juni. Antworttelegramm des Königs auf das Telegramm 
des Kaisers von Rußland: 
„Ich habe die Depesche erhalten, durch welche Eure Moajestät in 
Ihrer Fürsorge für den Frieden und die flawische Sache unmittelbar an 
mich appellieren in betreff der schweren Krise, welche unsere Beziehungen 
mit unseren Verbündeten durchmachen, und die leider nur durch sie selbst 
hervorgerufen worden ist. Ich bin es der Wahrheit schuldig, Eurer Majestät 
in Erinnerung zu bringen, daß meine Regierung, tief durchdrungen von 
der Verantwortlichkeit, die sie auf sich genommen hätte, wenn sie einen 
anderen Weg verfolgt hätte, im voraus den Gefühlen Eurer Majestät ent. 
sprochen hat. Schon am 13. April dieses Jahres hat sie sich an Herrn 
Ssasonow gewandt, um ihn zu bitten, die Erregung auf beiden Seiten 
der Grenze aufhören zu machen durch die Einladung beider Parteien, sich 
dem in ihrem Bündnisvertrag vorgesehnen Schiedsspruch zu unterwerfen. 
Diese Einladung ist erfolgt; meine Regierung hat sie sofort angenommen. 
Was die serbische Regierung betrifft, so setzte sie nur ihre Politik fort, deren 
letzte Kundgebung, die Erklärung des Ministerpräsidenten Paschitsch in der 
Skupschtina, in meinem Lande eine um so größere Erregung hervorgerufen 
hat, als ihre Verlesung in dem Augenblick erfolgte, wo eine Zusammen- 
kunft der Ministerpräsidenten in Vorbereitung stand. Eure Majestät werden 
es nicht ablehnen, anzuerkennen, daß Bulgarien seinem Worte treu gewesen 
ist, daß es noch immer erwartet, daß der Schiedsspruch in gleicher Weise 
und nach seinem Beispiel von Serbien angenommen wird, und daß es
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.