Montenegroe. (Ende April.—Mai 5.) 677
Darin werden die historischen Rechte des Serbentums und Monte-
negros speziell auf Skutari dargelegt und erklärt, daß Skutari in den defini-
tiven Besitz Montenegros übergehe. Der König versichert die Einwohner
der Gewährung voller religiöser und persönlicher Freiheit und Respektie-
rung der übernommenen Rechte und Gebräuche. Der König erwartet, daß
die neue montenegrinische Stadt, die zu besonderer Blüte kommen werde,
treu im neuen Staatsverbande stehen werde.
Ende April. Verlautbarungen in der Presse zur Erklärung
der verräterischen Handlungsweise Essad Paschas.
Der Erbprinz Danilo hat bei Beginn der Verhandlungen mit Essad
Pascha, die zum Abschluß des Geheimabkommens über Skutari führten,
diesem eine Depesche des turko-albanischen Komitees überreicht, die von
Halim Bey unterfertigt war, in der Essad aufgefordert wird, den Ränken
der provisorischen albanischen Regierung, die als ein Werkzeug fremder
Mächte bezeichnet wird, ein Ende zu setzen und Albanien für die Türkei
und den Koran zu retten. Gleichzeitig wurde Essad Pascha davon ver-
ständigt, daß das Komitee eine separatistische Gruppe des großen Albaner-
komitees in Konstantinopel unter Leitung Dschelal Paschas an Dschawid
Pascha die Aufforderung gerichtet habe, sich mit Essad Pascha zu ver-
einigen, um die Befreiung Albaniens und die Ausrufung eines König-
reiches unter der Oberhoheit des Sultans durchzuführen. Das Telegramm
schloß mit den Worten, es sei besser, daß Albanien unter den Balkan-
verbündeten aufgeteilt werde, als daß es ein Werkzeug Oesterreich-Ungarns
werde. Essad Pascha traf darauf mit dem Erbprinzen Danilo ein Geheim-
abkommen, das nach Billigung durch König Nikolaus förmlich unterzeichnet
wurde. Essad Pascha stehen an Mannschaften etwa 27000 Mann Infanterie
mit reichlichem Artilleriepark zu Gebote, die aus Skutari ausmarschieren.
Diesen Truppen haben die Montenegriner laut Uebereinkommen Munition
und Proviant aus den serbischen Sendungen überwiesen. Ferner hat Monte-
negro 5000 Mann der seinerzeit kriegsgefangenen türkischen Truppen Essad
Paschas freigegeben und auch diese Mannschaften bewaffnet. Essad ist vor-
bereitet darauf, in Albanien selbst starken Zuzug zu erhalten, und es sind
bereits Werber unterwegs, die mit Geldmitteln reich ausgestattet sind.
2. Mai. Die Antwort auf die Mitteilung der Großmächte
vom 16. April:
Die Königliche Regierung hat die Ehre, zu erklären, daß sie der
unter dem 8. (21.) April den Großmächten gemachten Mitteilung treu bleibt
und sich vorbehält, die Skutarifrage an dem Zeitpunkte anzuschneiden, wo
im Laufe der Friedensverhandlungen mit dem Ottomanischen Reiche die
verbündeten Balkanstaaten mit den Großmächten die definitive Festlegung
der Grenzen Albaniens erörtern werden.
5. Mai. Nachgiebigkeit des Königs.
Aus amtlicher Quelle wird berichtet: Die Krise bezüglich der Forde-
rung nach Räumung der Stadt Skutari ist in dem von den Großmächten
gewünschten Sinne gelöst worden. Da sich Montenegro einer großen Pression.
Europas gegenüber befand und keine Möglichkeit sah, daß es durch einen
verlängerten Widerstand gelingen könnte, aus dieser Krise siegreich hervor-
zugehen, hat es gestern den Mächten nachgegeben und erklärt, das Schicksal
Skutaris in die Hände der Mächte zu legen. Der König hat sich im letzten
Momente zu diesem schweren Schritte entschlossen. Er ist tief überzeugt,
hierdurch seinem Lande und seinem Volke gegenüber ein großes Opfer für