Vereinigte Stasten von Merdameriks und Kauada. (Okt. 17.—Nov. 7.) 709
17. Oktober. (Albany.) Der Gerichtshof, der die Absetzung
Sulzers vom Newyorker Gouverneurposten aussprach, erklärte Sulzer
auch des Meineids und der Unterschlagung von Beweismaterial für
schuldig.
Dagegen sprach das Gericht Sulzer von der Anklage der Bestechung
einstimmig frei.
27. Oktober. (Mobile.) Richtlinien der Politik des neuen
Präsidenten.
Präsident Wilson sagte in einer Ansprache an den Handelskongreß
des Südens (Southern Commercial Congreß), daß die Vereinigten Staaten
keinen Quadratfuß durch Eroberung gewinnen wollten. Die Union müsse
den Nationen ihrer Hemisphäre in der Befreiung von den materiellen
Interessen anderer Nationen beistehen, damit sie sich unbeschränkt ihrer
verfassungsmäßigen Freiheiten erfreuen könnten. Im romanischen Amerika
würden dem fremden Kapital Konzessionen erteilt, darin liege ein Privileg,
in den Vereinigten Staaten erhielten Ausländer keine Konzessionen. Dort
würden sie nur eingeladen, Kapital zu investieren; in Staaten, die sich zu
Konzessionen genötigt sähen, könnten die fremden Interessen leicht zur Be-
herrschung ihrer inneren Angelegenheiten gelangen. Die Union hielte es
für ihre Pflicht, sie von dieser unerträglichen Unterordnung zu befreien.
Der Präsident sprach die Erwartung aus, daß die Entwicklung des Landes
nach Eröffnung des Panamakanals ein bedeutender Faktor sein würde, um
- romanische Amerika von seiner Abhängigkeit vom fremden Kapital zu
efreien.
29. Oktober. Staatssekretär Bryan gibt bekannt, daß Eng-
land, Deutschland und Frankreich auf sein Gesuch versichert hätten,
die Formulierung ihrer mexikanischen Politik verschieben zu wollen,
bis die Vereinigten Staaten eine Erklärung über ihre eigenen Ziele
in Mexiko abgegeben hätten.
29. Oktober. (Kanada.) Aus einer Wahlrede des ehemaligen
Premierministers Sir Wilfried Laurier über die Flottenpolitik der
Regierung.
Im Wahlkreis South Bruce (Ontario), dessen Wähler zu einem Drittel
deutscher Herkunft sind, kritisiert er die Angebote von Schlachtschiffen als
Geschenk an die englische Marine. Der Beitrag für die Reichsflotte, den
die Regierung vorschlage, sei auf einer Notlage begründet, die tatsächlich
nicht existiert. Er bestritt das Vorhandensein einer deutschen Gefahr. Es
sei nicht richtig, daß Deutschland eine Froße Flotte baue, in der Absicht,
England anzugreifen. Zwischen beiden Ländern habe nie Streit bestanden.
Die deutsche Flotte werde vermehrt, um den großen Seehandel zu schützen,
ebenso müsse Kanada zum Schutze seiner Seemacht eine eigene Flotte bauen.
7. November. Staatssekretär Bryan lehnt die Weitergabe einer
Petition von 35 hervorragenden Geistlichen aller christlichen Kon-
fessionen an den Zaren in der Ritualmordsache zugunsten der russi-
schen Juden ab, weil Rußland die Annahme von Eingaben ver-
weigere.