Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunundzwanzigster Jahrgang. 1913. (54)

Das Derisqe Reith und seine einzelnen Glieder. (Februar 10.) 61 
baren Beweise für das Walten Gottes. Wir haben die sichtbaren Beweise, 
daß er mit uns war und mit uns ist. Und aus diesen Lehren der Ver- 
gangenheit, aus den greifbaren, sichtbaren Tatsachen der Vergangenheit, 
kann sich auch die gesamte deutsche Jugend den im Feuer bewährten Schild 
des Glaubens schmieden, der nie in der Waffenrüstung eines Deutschen und 
Preußen fehlen darf. Und mit solchen Waffen wollen wir, unbekümmert 
um rechts und links, unseren geraden Weg gehen. Augen empor, Herzen 
empor, im Vertrauen zu Gott! Dann können wir alle des gewaltigen 
ersten Kanzlers Wort wiederholen: „Wir Deutschen fürchten Gott und sonst 
nichts auf der Welt!“ Und dessen zum Zeichen wollen wir auf unser deutsches 
Vaterland und unser geliebtes Preußen drei Hurras ausbringen. Deutsch- 
land und Preußen Hurra! Hurra! Hurra!l“ — Der Kaiser hatte in sicht- 
licher Bewegung und unter dem Eindruck der wuchtigen Feierklänge ge- 
sprochen. Wiederholt schlug der Kaiser kräftig mit der Rechten auf das 
Pult. An der Stelle: „Wir Deutsche fürchten Gott!“ unterbrach ihn laute, 
begeisterte Zustimmung, ebenso wurde am Schluß der Rede in studentischer 
Weise getrampelt. Der Rektor Graf v. Baudissin brachte das Gelübde 
unwandelbarer Treue dar und schloß mit einem dreifachen Hoch auf Kaiser 
und Kaiserin, das jubelnden Widerhall fand. Beim Absingen der National- 
bomne klangen die Schläger der Chargierten zusammen. Unter Worten 
lebhafter Anerkennung für den schönen Verlauf des patriotischen Festaktes 
verließ das Kaiserpaar die Aula. 
10. Februar. (Karlsruhe.) Das Kaiserpaar ist mit der 
Prinzessin Viktoria Luise zum Besuch des Großherzoglich Badischen 
HOofes eingetroffen; dort sind auch Herzog Ernst August von Cumber- 
land und dessen Sohn Prinz Ernst August angekommen. 
10. Februar. Kundgebung des Zentralvorstandes der national- 
liberalen Partei über auswärtige Politik, Landesverteidigung und 
Kostendeckung. 
„Der Ernst der Zeit erfordert mehr als je zum Schutz unserer 
nationalen und wirtschaftlichen Interessen eine kraftvolle, stetige und ziel- 
dewußte auswärtige Politik. Zu ihrer Durchführung bedarf es zunächst 
einer zeitgemäßen Reform des auswärtigen Dienstes, der durch Be- 
seitigung der herrschenden Exklusivität allen dazu geeigneten Kräften unseres 
Volkes zugänglich zu machen ist. Vor allem aber ist eine schleunige und 
gründliche Verstärkung unserer Wehr unumgänglich notwendig. Im Ein- 
klang mit dem Standpunkte, welchen die Reichstagsfraktion bei der Quin- 
quennatsvorlage des Jahres 1911 und bei der Militärvorlage des Jahres 
1912 eingenommen hat, fordert der Zentralvorstand die Durchführung der 
allgemeinen Wehrpflicht und aller Maßregeln, welche zur Beschleuni- 
gung der Mobilmachung und der Sicherung einer kraftvollen Offensive 
dienen, und begrüßt mit Genugtuung den Entschluß der verbündeten Re- 
gierungen, dem Reichstag eine diesen Gesichtspunkten entsprechende Vorlage 
zu unterbreiten. (Verstärkung der Kaders, der Artilleriebespannung und 
Formierung von Kavalleriedivisionen im Frieden, ferner Schaffung einer 
deutschen Luftflotte für Heer und Flotte.) Zur Aufbringung der Kosten 
fordert der Zentralvorstand die Ausführung der durch das Gesetz vom 
8. Juli 1912 von den verbündeten Regierungen klipp und klar übernom- 
menen Berpflichtung zur Einbringung einer Vorlage über eine all- 
gemeine Desitsteuer, als die nach den eigenen Erklärungen der Regie- 
rung nur eine Vermögens- oder Erbschaftssteuer in Betracht kommen kann.
	        
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