Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunundzwanzigster Jahrgang. 1913. (54)

792 NMebersicht über die politische Entwichlung des Jahres 1913. 
in Prag aus Anlaß des Falles von Skutari führten zur Auflösung 
des böhmischen Landtages und zur Einsetzung einer Landesverwal- 
tungskommission (26. Juli). Ebenso kam man in Galizien einer 
ruthenischen Verschwörung auf die Spur (S. 479). In Krain 
wurde der slawische Klub, der die Beziehungen zwischen den Slo- 
wenen und den anderen Südslawen pflegen wollte, aufgelöst, weil 
er mit ausländischen Staatsregierungen in Verbindung getreten 
war (S. 480). Auch in Bosnien kam es bei der feierlichen Er- 
öffnung des ersten Landtages zu unliebsamen Kundgebungen der 
Serbisch-Radikalen. Die nationalen Zugeständnisse, die in Tirol 
angesichts des Zusammengehens mit Italien den Wünschen der 
italienischen Bevölkerung gemacht wurden, speziell die Regierungs- 
vorlage über eine italienische Rechtsfakultät in Triest, hatten nicht 
den gewünschten Erfolg der Aussöhnung. In Trient wurde der vom 
Kaiser nicht bestätigte Bürgermeister Graf Manci wiedergewählt. 
und in zahlreichen Orten Südtirols vereinigten sich die italienischen 
Studentenverbände zu Kundgebungen der Unzufriedenheit. Die Feind- 
seligkeit übertrug sich sogar auf die Universität Graz, wo die deutschen 
und slawischen Studenten ihre italienischen Kommilitonen gewalt- 
sam am Besuch der Vorlesungen verhindern wollten. Auch in 
Kroatien war die Gärung, die am 18. August durch ein Attentat 
auf den königlichen Kommissar ihren Ausdruck fand (S. 463), noch 
nicht überwunden, als am 22. Oktober der Ausnahmezustand auf- 
gehoben wurde. Dennoch wurde am Schlufse des Jahres der kroatische 
Landtag nach zweijähriger Pause wieder eröffnet. In Ungarn 
erhielt das Parlament endlich eine verschärfte Hausordnung, die 
eine sachlichere Behandlung der Geschäfte ermöglichen sollte. Aber 
der Entwurf zu einer Erweiterung des Wahlrechts fand bei den 
breiten Massen so wenig Anklang, daß sogar mit einem General- 
streik bei seiner Einführung gedroht wurde. Als eine Gefahr für 
die Zukunft erhob sich in Cisleithanien die Forderung, daß dem 
Dualismus durch die Dynastie ein Ende bereitet und ein trialistischer 
Staat eingeführt würde, der den Slawen eine gleiche Herrschafts- 
stellung unter den Nationalitäten der Monarchie einräumte wie 
der Ausgleich von 1867 sie den Deutschen und Magyaren gegeben 
hatte (S. 458). Man fühlte sich in diesen Kreisen durch die Siege
	        
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