Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunundzwanzigster Jahrgang. 1913. (54)

802 Nebersicht über die politische Eutwichlung des Jahree 1913. 
Mann mit einer solchen um 240000 Mann antworten wollte. Die 
Deckung für die zunächst erforderlichen Ausgaben wollte man durch 
eine Anleihe aufbringen, deren Betrag die Regierung auf 1300 Mil- 
lionen Franken feststellte. Ehe die Kammer an diese Frage heran- 
trat, hatten aber die Herbstmanöver von sachverständiger Seite eine 
sehr scharfe Kritik gefunden. Es wurde bekannt, daß der für den 
Kriegsfall als Generalissimus in Aussicht genommene Generalstabs- 
chef Joffre und sein Vertreter General de Castelnau mit den Leistungen 
vieler Truppenteile sehr unzufrieden waren, und daß der Oberste 
Kriegsrat einige kommandierende Generale und Brigadiers wegen 
Unfähigkeit entfernen mußte (S. 557 f., 562, 565, 571 f.). Durch 
einen der davon betroffenen Generale wurde die Angelegenheit vor 
die Offentlichkeit geschleppt und die Maßregelung auf nichtmili- 
tärische Beweggründe zurückgeführt. Ebenso hatten die überhasteten 
Kasernenbauten nicht nur zu Etatsüberschreitungen, sondern auch 
zur Schädigung der Gesundheit der Armee und zu anderen Un- 
zuträglichkeiten geführt (S. 559, 561, 576 f.). Diese Erörterungen 
vor der Offentlichkeit waren um so peinlicher, da der Vertreter der 
griechischen Armee bei den Manövern die Lobeserhebungen seines 
Monarchen über die deutsche Art der Kriegführung dem französischen 
Publikum näher begründete (S. 555 f.). Daher war die Begeiste- 
rung für die neuen Kraftanstrengungen schon im Rückgange, als 
am 28. November in der Kammer die Debatte über die Anleihe 
begann. Nur mit einer Majorität von 21 Stimmen setzte die Re- 
gierung ihren Antrag durch. Aber die zum Erfolge der Emission 
notwendige gesetzliche Festlegung der undedingten Steuerfreiheit der 
neuen Rententitel wurde abgelehnt, so daß es am 2. Dezember zu 
einer neuen Ministerkrisis kam. Diesmal wurde das ganze Kabinett 
neu gebildet. Das Präsidium übernahm der Senator Doumergue, 
die Finanzen der anerkannte Fachmann Caillaux, das Kriegs- 
ministerium Noulens, die Marine Monis, die Unterrichtsangelegen- 
heiten Viviani. Die Finanzvorlagen wurden zurückgezogen und 
bis nach Neujahr vertagt. Auch der Widersetzlichkeit der zum ersten- 
mal für ein drittes Dienstjahr zurückbehaltenen Mannschaften wurde 
man nur dadurch Herr, daß sie bereits fünf Wochen nach Ablauf 
ihrer zweijährigen Dienstzeit entlassen wurden und die vorgesehene
	        
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