Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunundzwanzigster Jahrgang. 1913. (54)

820 Nebersicht über die politische Entwichlung des Jahres 1913. 
garien den Vorsprung der Besetzung Salonikis, das zum Ausgangs- 
punkt weiterer Landerwerbungen auf dem klassischen Boden der 
Chalkidike dienen konnte, wo man auf die Mönche der Klöster von 
Athos als eifrige Parteigänger zählen konnte. Dieser leichte Sieges- 
lauf wurde auch durch die Ermordung des Königs Georg auf einem 
Spaziergang in Saloniki nicht unterbrochen. Je mehr mazedonische 
Gebiete aber von den griechischen Truppen okkupiert wurden, um 
so gespannter wurde das Verhältnis zu Bulgarien, das aus dem 
Vorwalten seiner VBolksgenossen ein ausschließliches Anrecht auf 
Mazedonien ableitete. Daher nahm Griechenland an dem zweiten 
Balkankriege teil und konnte nach leichten Siegen über die Bul- 
garen die ganze Küste bis über Kawala hinaus und das Gegen- 
gestade der Insel Thasos besetzen. In dem Bukarester Frieden ge- 
lang es Griechenland, den größten Gewinn unter allen Beteiligten 
einzustreichen. Es erhielt einen Gebietszuwachs von über 56000 
Quadratkilometern mit über 1 ½/ Millionen Einwohnern. An Areal 
steht es damit Rumänien (mit 139000 Ouadratkilometern) nur 
wenig nach, an Einwohnerzahl übertrifft es Serbien etwas, bleibt 
aber hinter Bulgarien noch um 400000 Einwohner und hinter 
Rumänien um 3 Millionen zurück. Die neugeordnete Balkanhalb= 
insel umfaßt also vier Staaten, deren jeder dem Reste der europäischen 
Türkei an Arcal und Einwohnerzahl gewaltig überlegen ist. 
In Albanien wurde nach dem Londoner Frieden eine pro- 
visorische Regierung in Valona begründet, an deren Spitze Ismael 
Kemal Bey stand. Sie hatte aber an Essad Pascha in Nordalbanien 
einen gefährlichen Gegenspieler. Die inneren Unruhen benutzten 
Serbien und Montenegro zu Einbrüchen mit dem Zweck der Grenz- 
verschiebung, da die internationale Kommission ihre Arbeiten nur 
langsam fortsetzen konnte. Um dieser Störungen Herr zu werden, 
vereinigte sich Essad Pascha mit der provisorischen Regierung zu 
dem Plane, ganz Albanien unter eine Verfassung zu stellen. Als 
Kandidaten für den aufzurichtenden Fürstenthron wählte man, da 
der Plan des Dreiverbandes, einen schwedischen Prinzen zu berufen, 
gescheitert war, den Prinzen Wilhelm von Wied, der am 3. November 
die Kandidatur annahm. Inzwischen war aber Essad Pascha aus 
der Regierung wieder ausgetreten '# hatte die Bildung eines
	        
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