Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunundzwanzigster Jahrgang. 1913. (54)

Mebersicht über die politische Eutwichiuns bes Jahres 1913. 827 
fuziusverehrung als letztes Band der Zusammengehörigkeit aller 
Chinesen an. 
Die offenkundige Schwäche der chinesischen Republik wurde 
von Rußland, England und Japan für ihre Zwecke ausgenutzt. 
Schon am 11. Februar konnte in der halbamtlichen chinesischen 
Presse der Text eines Geheimvertrages zwischen Rußland und Eng- 
land veröffentlicht werden, nach dem beide Mächte zusammenwirken 
wollten, um Tibet unter englische, die Mongolei unter russische 
Oberherrschaft zu bringen, und bei den Eisenbahnbauten durch China 
andere Mächte ausgeschlossen werden sollten. Rußland knüpfte mit 
den lokalen Dynasten der Mongolei an, während England Kriegs- 
material in Tibet anhäufte. Aber nicht nur in Tibet und in der 
Mongolei erfolgten Versuche der Losreißung, sondern auch in einigen 
Provinzen des eigentlichen China kam es zu Erklärungen ihrer 
Selbständigkeit und Unabhängigkeit von Peking. Den unterlegenen 
Führern der Rebellionen gewährte Japan, dessen Untertanen mit 
ihnen in Verbindung standen, ein Asyl; zugleich benutzte es jede 
Gelegenheit, um seine Konsulatswachen und Truppenanhäufungen 
auf chinesischem Boden zu verstärken. Aus Furcht vor diesem ge- 
fährlichsten Nachbar suchte Juanschikai Annäherungen an die euro- 
päischen Mächte. Den Engländern wurde die Ausbildung der chine- 
sischen Seemacht überlassen (23. Oktober); mit Rußland schloß China 
am 5. November ein Abkommen, wodurch die Autonomie der äußeren 
Mongolei anerkannt und trotz der Beibehaltung der chinesischen 
Suzeränität auf das Recht verzichtete, Truppen oder Kolonien dorthin 
zu senden. Auch Deutschland erlangte in dieser Situation die Kon- 
zession zu zwei neuen Bahnlinien. Obwohl die Republik endlich 
die Anerkennung der Mächte erlangte, verfiel fie doch zusehends 
weiterer politischer Schwäche im Innern wie nach außen. 
In Japan hatte die Regierung des neuen Kaisers mit der 
Opposition des Parlaments harte Kämpfe zu bestehen. Der Versuch 
des Ministerpräsidenten Fürsten Katsura, durch wiederholte Ver- 
tagungen des Parlaments die Aufregung zu beschwichtigen, schlug 
fehl und führte zu Straßenunruhen in der Hauptstadt. die das Mini- 
sterium veranlaßten, am 11. Februar zurückzutreten und die Zügel 
der Regierung einer Koalition der stärksten Parlamentsparteien zu
	        
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