Das Denisqhe Reithh und seine einzelnen Glieder. (Februar 11.) 71
satz, auf dem bewährten Wege weiterzuschreiten. (Lebhafter Beifall.) Nun
dat uns aber der Graf von Schwerin über den Kreis der landwirtschaft-
lichen Interessen hinausgeführt auf das weitere politische Feld. Gute Ernte,
ernue politische Zeiten! So schien mir die Gesamtzensur zu sein, die er
dem abgelaufenen Jahre ausstellte. Ich will nicht die Schwierigkeiten unserer
inneren Zustände geringer darstellen, als sie sind. In einem, in dem Haupt-
vunkt, sind wir jedenfalls alle einig. Das ist der durch große Wahlerfolge
gesteigerte Hochmut einer Partei, deren Bestrebungen darauf hinausgehen, die
Fundamente des Reiches und unserer Monarchie zu unterhöhlen. Da gibt es
kein Paktieren, sondern nur Kampf. Ich nehme die entschiedenen, mutigen
und siegbewußten Worte des Grafen Schwerin zum Pfande dafür, daß die
deutichen Landwirte in diesem Kampfe immer in vorderster Reihe stehen
werden, und er hat recht, m. H., denn mit Mißmut, mit Verdrossenheit
können wir in diesem Kampfe nicht siegen. Wir leben in einer Zeit der
Unlust an dem Gang der innerpolitischen Geschäfte. Ich will mich, in
Ibrem Kreis und als ein gern und dankbar gekommener Gast, nicht schärfer
ausdrücken. Draußen im Lande sind mir ja auch andere Töne entgegen-
geschlagen. In solchen Zeitläufen pflegen wir Deutsche uns leider besonders
liebevoll in unsere eigenen Schwächen zu vertiefen. Und so hat sich auch
letzt wieder, ebenso wie es bei schlechtem Wetter alte Leibesschäden und
auch schon vernarbte Wunden tun, die alte deutsche Nationalsünde des Par-
ukularismus neu gemeldet. Die „ltio in partes“ ist zwar ein altes Institut,
aber es versagt, wenn der Gegner massiert dasteht. Mit staatlicher Ab-
sonderung und Vereinzelung legen wir nur die Kräfte, die wir gesammelt
brauchen, in unfruchtbaren Gegensätzen fest. Hier, m. H., im Kreise des
deutschen Landwirtschaftsrats, das zeigen deutlich die sympathischen Aus-
führungen des Freiherrn von Cetto, die so lebhaften Anklang fanden, fragen
wir jedenfalls nicht nach Stamm und Art. Hier arbeiten wir an gemein-
samen Aufgaben in dem Bewußtsein, damit staatserhaltende Arbeit für das
ganze Reich zu tun. In diesem Kreise wird es dann auch richtig verstanden
werden, wenn ich frage: sollen wir gegen die Ausartung demokratischer
Einrichtungen, die die Schöpfer des Reichs in der ausgesprochenen Absicht
geichaffen haben, die partikularistischen Neigungen der deutschen Stämme
niederzuhalten, sollen wir da Hilfe und Abwehr suchen in der Neubelebung
ebensolcher partikularistischen Tendenzen? Erinnern wir uns doch an das,
was uns in den letzten Jahrzehnten auch über die politischen Gegensätze
hinweg einig und stark gemacht hat und uns auch in der Gegenwart einig
und stark erhält und erhalten muß. Das ist die Arbeit, in der die Ge-
samtheit der wirtschaftlichen und politischen Kräfte der Nation frei geworden
ist und im Dienst jedes heimischen Fleißes wie weltumspannender Unter-
nehmungen rastlos nach immer neuer Betätigung drängt. Dabei ist manches
Alte, manches Gute, manches Liebgewordene zerstört worden in der Hast
und Intensivität unserer Entwicklung. Ich entsinne mich — es mag ein
Jahrzehnt her sein — von einem märkischen Landwirt gehört zu haben:
„Zuckerrüben baue ich nicht. Dann ist es mit der alten Freude, mit dem
alten Behagen des ländlichen Lebens vorbei.“ Der Mann mag vielleicht
mit dieser Absage an die Intensivität nicht so unrecht gehabt haben, aber
unser heutiges Leben zwingt uns in andere Bahnen. Wie viele neue Auf-
gaben jeder neue Tag jedem Beruf stellt, darüber brauche ich vor Ihnen
nicht zu sprechen. Die gewaltigen Fortschritte der deutschen Landwirtschaft
find ein beredtes Zeugnis dafür, mit neuen Erfindungen, mit neuen Ent-
wicklungen, mit neuen Zuständen sich nicht abzufinden, sondern sie aus-
zunutzen, sie zu meistern, das ist die uns täglich neu entstehende Aufgabe.
Und der Geist solcher Arbeit, der auf allen Gebieten des wirtschaftlichen