Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreißigster Jahrgang. 1914. Erste Hälfte. (55a)

Das Dertsqe Reiqh and seint einzeluen Glirder. (Februar 19. —21.) 93 
einem Rüstungskonzern gesprochen. Ein Ring ist hier in diesem Falle nicht 
vorhanden. Der Abg. Noske hat auch über meine Stellungnahme gesprochen, 
die ich in der Budgetkommission über die Frage verabschiedeter Offiziere 
als Vertreter von Firmen eingenommen habe. Es ist selbstverständlich, daß 
eine Bevorzugung solcher Firmen, die Offiziere als Vertreter haben, durch 
das Reichsmarineamt ausgeschlossen ist. Darüber ist eigentlich gar kein 
Bort zu verlieren. Dagegen möchte ich betonen, daß ich diejenigen aktiven 
Offiziere, die sich sonst in gewerblichen, kaufmännischen Betrieben weiter 
betatigen wollen, um ihre Familien besser unterhalten zu können, nach 
Kräften unterstützen werde. Das halte ich ebenso für meine Pflicht, und 
das werde ich bestimmt tun. Dann hat der Abg. Noske über das Flotten- 
dauprogramm gesprochen, er meinte, wir seien gegen eine Einschränkung. 
Diesen Vorwurf des Abg. Noske halte ich nicht für berechtigt. Wenn ein 
anderes Land seine Rüstung vornehmen will, so baut es eben Schiffe. 
Nehmen wir die Aufträge nicht an, so bekommen sie andere. Wir wollen 
doch aber gerade unsere Industrie unterstützen. Wir dürfen nicht zugeben, 
daß irgendein anderes Land ein Rüstungsmonopol bekommt. Dann hat 
der Abg. Noske die Zahlen bemängelt, die ich in der Budgetkommission 
bezüglich der Rüstungsvermehrung genannt habe. Er hat diese Zahlen als 
recht willkürlich dargestellt. Daß wir zunächst einmal eine erhebliche An- 
zahl von Schiffen bauen mußten, um von dem Null, auf dem wir uns 
befanden, unser Flottengesetz zur Durchführung bringen zu können, ist 
selbstverständlich. Aber von der Abrüstungsfrage wird überhaupt erst seit 
einigen Jahren gesprochen, und in dieser Beziehung geben die Zahlen, die 
ich genannt habe, ein sehr gutes Bild. Ich selbst habe in der Kommission 
erklart, daß wir nicht mehr als zwei Linienschiffe pro Jahr auflegen werden. 
Auch bezüglich der großen Kreuzer ist nicht beabsichtigt, das Flottengesetz 
zu überschreiten. Der Abg. Noske hat dann erwähnt, daß ein Schriftsteller 
an Uebungen unserer Flotte teilgenommen habe. Es ist ein alter Brauch, 
daß Vertretern aller bürgerlichen Parteien Gelegenheit gegeben wird, unsere 
Flotte zu sehen. Es ist durchaus wünschenswert, daß unser Volk die Flotte 
kennen lernt. Die Armee sieht man auf dem Exerzierplatze, die Flotte kann 
man aber nicht sehen. Wir werden alles tun, daß das Gefühl der Reichs- 
zugehörigkeit durch die Flotte in jeder Beziehung gestärkt wird. Darum 
sind Besuche und Besichtigungen in hohem Maße nützlich, und ich werde 
auch an diesem Brauche festhalten.“ (Beifall.) 
Abg. Erzberger (Z.): „Der Staatssekretär wird gesehen haben, wie 
gut sein Flottengesetz eingeführt wird. Eine Aenderung des Flottengesetzes 
wird von keiner Seite mehr verlangt. An eine Minderung des Sollbestandes 
unserer Schiffe ist nicht zu denken. Auch wir wollen ein friedliches und 
freundliches Verhältnis zu England. Aber zweifelhaft bleibt es, ob man 
dafür die Frage der Abrüstung als entscheidend in den Vordergrund stellt, 
ob es wünschenswert ist, Deutschland als den Friedensstörer, die andern 
als die Friedliebenden zu bezeichnen. Bezüglich der englischen Verständigungs- 
pläne ist mein Mißtrauen zur Skepsis geworden. Eine Verständigung mit 
England um den Preis der deutschen Seewehr kann es nicht geben aus 
deutschnationalen Gründen. (Beifall.) Ein Vasallenstaat Englands wollen 
wir nicht werden. Das wäre das Ende der deutschen Weltmachtpolitik. 
Das wäre eine Bankerotterklärung unserer Flottenpolitik. Wir wünschen 
eine Verständigung, aber nicht eine solche auf Kosten des durchaus not- 
wendigen Maßes von Abwehrmitteln, welches die deutsche Nation dringend 
braucht. England hat Deutschland erst zu gewaltigen Ausgaben getrieben. 
Deutschland war nie der Treiber. Dann der schöne Vorschlag 16 zu 10. 
Ganz gut, aber England hat nicht 16, sondern 25 Schiffe gebaut, wir aber 
 
	        
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