Daes Dentsqhhe Reith und seine einzelnen Glieder. (Februar 19.—21.) 95
sponnung zwischen den einzelnen Mächten eingetreten ist, daß unsere Be-
zlehungen zu England besser geworden sind. Das ist richtig. In England
setzt sich immer mehr die Auffassung durch, daß unsere Flotte keinen
agaressiven Charakter hat, daß die deutsche Flotte keine Gefahr ist. Führende
Blatter der englischen Presse sprechen es aus, daß Deutschland in seinen
Flottenplänen offen vorgegangen sei und an seinem Programm festgehalten
habe. Eine Entspannung in der Allgemeinheit, wie der Abg. Noske es
darstellt, besteht aber nicht. Wir suchen keinen Streit mit Frankreich, aber
dort ist in den letzten Jahren ein imperialistischer Geist aufgetreten, wie
er vorher nicht bestand. Das ist auf Marokko zurückzuführen. Außerdem
ist Frankreich der Geldgeber von Rußland und setzt auf dieses seine Hoff-
nungen in bezug auf seine Revanchegelüste. Was unsere Beziehungen zu
Rußland betrifft, so sind die Friedensschalmeientöne, die der Reichskanzler
nach der Zusammenkunft von Potsdam erschallen ließ, gegenwärtig ver-
fummt. Die Behandlung der deutschen Militärmission in Konstantinopel
spricht auch nicht für eine Entspannung. Die russische Politik hat die
deutsche Politik zu einem Rückzuge veranlaßt. Die Beschlagnahme der
kürkischen Flotte durch England hat, möchte man fast sagen, durch die
kussische Politik keinen Widerspruch erfahren. Allerdings, unsere Beziehungen
zu England sind besser geworden; das begrüßen wir mit Freude. Das
liegt an der ganzen veränderten Weltlage. Wir sehen, wie unter der
Nordseepolitik Englands das Machtgefühl Frankreichs mächtig erstarkt ist,
wie es ganz anders im Mittelmeer auftritt. Ob und wann sich die Kar-
dinalfrage aufrollen wird, steht dahin. England richtet sein Augenmerk
wieder mehr auf den Stillen Ozean und muß seine Flotte dezentralisieren.
Auch unsere Balkanpolitik müßte die Beziehungen zu England verbessern.
Der Abg. Erzberger sprach auch über die Abgrenzung der wirtschaftlichen
Sphären in Zentralafrika. Ich kann mich seinen Ausführungen anschließen.
Die englische Politik ist getragen von einem gesunden Egoismus, der überall
die eigenen Interessen vertritt; sie ist von keiner Sentimentalität an-
gekränkelt. Die Verhandlungen in der Budgetkommission haben gezeigt,
daß man sich keinen Illusionen hingibt. Ein Bündnis mit England wird
wohl für absehbare Zeit ein schöner Traum bleiben. Der zielbewußten
deutschen Politik unseres Fürsten Bülow und der Tüchtigkeit des Staats-
sekretärs des Reichsmarineamts ist es gelungen, seit 1897 diese starke deutsche
Flotte zu entwickeln, ohne daß wir in kriegerische Konflikte auch mit Eng-
land, die doch sehr nahe lagen, gekommen sind. Wir denken nicht daran,
auf die Seemachtstellung zu verzichten, die wir heute haben. Fingen die
feindlichen Mächte an, an unserem Willen zu zweifeln, so würde der Krieg
nicht fern sein. Der soviel geschmähte Reichstag hat das Verdienst, den
Frieden durch die Wehrvorlage garantiert zu haben. Wir dürfen unsere
Bellmachtstellung nicht aufgeben. Für die Schulung von Mannschaften und
Offizieren ist es auch sehr gut, daß unsere Schiffe ins Ausland gehen. Der
Auslandsdienst muß verbessert werden. Es ist die beste Reklame für die
Leistungsfähigkeit Deutschlands, wenn unsere Schiffe im Mittelmeer vor-
banden sind. Das war notwendig, um unser Ansehen den Balkanstaaten
gegenüber aufrecht zu erhalten. Die kleinasiatischen Interessen Deutschlands
werden dadurch auch vertreten. Ebenso notwendig war es, daß im Atlan-
tischen Ozean deutsche Schiffe erschienen. Man braucht nicht gleich zu
dementieren, daß das Geschwader dort stationieren will. Ich begrüße die
Bewilligung eines Marineattachés in Buenos Aires. Der Attaché wird
auch Gelegenheit haben, für die deutschen Handelsinteressen tätig zu sein.
Wir folgen damit nur dem Beispiel der anderen Staaten. Der Attaché
wird auch in der Konstruktion fremder Kriegsschiffe manches sehen, was