96 DHas Benuische Reith und seine einzelnen Glieder. (Februar 19.—21.)
uns bisher verborgen war. Der Ausbau unserer Flotte erfolgt im Zwei-
schifftempo nach Maßgabe des Flottengesetzes. In diesem Jahre verschwindet
zum ersten Male ein Schiff der Kaiser Friedrichklasse. Die Entwicklung
unseres Unterseebootswesens begrüßen wir mit Freude, und können dem
Staatssekretär dafür gern das Zeugnis ausstellen, daß er hier mit großer
Vorsicht vorgegangen ist. So wurde sicher eine große Zahl von Unfällen
vermieden. Wir haben auch gehört, daß für den Kriegsschiffbau deutsche
Firmen aus allen Gauen des Vaterlandes herangezogen werden sollen.
Herr Noske hat dann bemängelt, daß unsere Privatwerften an das Aus-
land liefern und deutsches Kapital an fremden Werften beteiligt ist. Das
ist für unsere Schiffsbauindustrie aber dringend notwendig. Eine Folge
der Spannung mit England war ja auch die, daß in dieser Zeit die Auf-
träge fremder Nationen von uns fortgeblieben sind. Durch die Beteiligung
im Auslande und durch ausländische Aufträge kann unsere Schiffsbau-
industrie nur in ihrer Konkurrenzfähigkeit gestärkt werden. In der Budget-
kommission wurde ja erörtert, wie wichtig für unsere Marine die Oelfrage
ist. Wir können im Ernstfall nicht darauf rechnen, daß die Zufuhr aus
dem Auslande weiter erfolgen wird. Wir müssen deshalb große Vorräte
anlegen. Dadurch wird natürlich die Frage der Monopolisierung der Oel-
quellen in fremden Ländern ohne weiteres akut. Die Gerüchte über die
geplante Monopolisierung der kleinasiatischen und armenischen Oelquellen
wollen nicht verstummen. Wir werden auf diese Frage bei dem Auswärtigen
Amte noch näher zu sprechen kommen. Nach den Erklärungen des Staats-
sekretärs kann bei den Torpedobootsunfällen der Vorwurf des tollkühnen
Rasens bei dunkler Nacht nicht aufrechterhalten werden. Die Nachtübungen
sind nun einmal nötig, um die Schlagfertigkeit unserer Marine aufrecht-
zuerhalten. Die schweren Unfälle der beiden Luftschiffe „L 1“ und „.L 2“
und den Untergang so vieler blühender Menschenleben beklagen auch wir.
Wir haben ja erfahren, daß das Luftschiff „L 1“ durch eine nicht voraus-
zusehende Bö vernichtet wurde. Bei dem Luftschiff „L 2“ wurde fest-
gestellt, daß die Motore in Ordnung waren. Dagegen ließ sich nicht fest-
stellen, imwieweit ein Konstruktionsfehler vorlag. Mit Genugtuung haben
wir es ja gehört, daß die Führer der Luftschiffe auf eigene Verantwortung
fahren und nicht durch Aufträge oder Befehle in ihren Operationen ge-
hindert sind. Das ist hoffentlich auch bei den Konstrukteuren des Marine-
oberkommandos der Fall. Wir sind überzeugt, daß unser Offizierkorps
ausgezeichnet und auf voller Höhe ist. Durch die Worte des Herrn Staats-
sekretärs haben wir auch erfahren, daß aus dem Krupp-Prozeß die Marine
vollständig intakt hervorgegangen ist. Es wurde uns mitgeteilt, daß der
Abgang der Deckoffiziere seit 1910 etwas beschleunigter ist, sich aber doch
in normalen Grenzen hält. Wir begrüßen es mit Freude, daß sich die
Marineverwaltung bemüht, die soziale und finanzielle Lage der Deckoffiziere
zu heben. Die Debatten über das Reichsmarincamt vollziehen sich von
Jahr zu Jahr erheblich rascher. Große Beschwerden sind auch diesmal
nicht laut geworden, das beweist sogar die Rede des Kollegen Noske. Ein
französischer Staatsmann hat direkt die deutsche Flotte als einen Vorteil
für Frankreich hingestellt, weil sie das europäische Gleichgewicht fördert,
da sonst England Frankreich gegenüber zu übermächtig wäre. Der Lord
der englischen Admiralität hat im März 1913 ausdrücklich erklärt, daß er
mit Gefühlen höchster Bewunderung das wundervolle Werk der langjährigen
Verwaltung des Staatssekretärs v. Tirpitz sehe. Das ist ein Lob aus dem
Munde des Leiters der englischen Marine. Der Abg. Noske hat aus einer
früheren Rede von mir heraushören wollen, daß wir imperialistische Politik
treiben. Wir wollen aber nur, daß wir nicht beiseite gedrückt werden.