De Pesche Reich und seine einzeluen Glieder. (Februar 19.—21.) 101
Entfremdung endeten. Ich erinnere an Sansibar. Wir wollen nicht, daß
die Verständigung dazu führen wird, daß wir in unserer Flottenpolitik
uns irgendwie einschränken lassen. Nur durch diese konnte unsere Welt-
machtstellung und unser Welthandel diese Bedeutung erlangen. Unsere
Flotte muß sich vielmehr in derselben ruhigen Weise weiter entwickeln, wie
man es gesetzlich festgelegt hat. Wollte man Abmachungen über Flotten-
rüstungen schaffen, dann würde nur ein Spionagesystem entstehen und ein
Mißtrauen, ob auch die Abmachungen innegehalten werden. Gegenüber der
Forderung des Baufeierjahres weise auch ich auf die Entlassung großer
Kreise von Arbeitern hin. Wo sollten diese Arbeiter dann bleiben? Im
Gegenteil, wir müssen große Beschäftigungsmöglichkeiten für die Arbeiter
schaffen. Deshalb halte ich es auch nicht für richtig, wenn man unseren
Werften verbieten wollte, für fremde Nationen Bauaufträge entgegenzu-
nehmen. Dadurch wächst ja die Kenntnis unserer Werften, und das kann
letzten Endes nur unserem Vaterlande dienlich sein. Auch eine Verständi-
gung mit England kann nur beiden Teilen nützlich sein. Es kann auf die
Dauer keinen Zweck haben, wenn die beiden Reiche sich wie Bullenbeißer
gegenübersitzen und nur darauf lauern, übereinander herzufallen. So be-
kommen beide Teile Ellenbogenfreiheit, die England und wir in der Welt
brauchen. Das würde auch unseren Seeleuten zugute kommen, die dadurch
mehr in der Welt herumkämen, was sicher in weiten Kreisen die Liebe zum
seemännischen Beruf fördern müßte. Gefährlich ist der Beruf auf den See-
schiffen und auf den Luftschiffen. Diese Gefahr macht die Offiziere und
Mannschaften wetterfest. Wir dürfen wegen der Gefährlichkeit auch nicht
auf Manöver bei stürmischer See verzichten. In weiten Kreisen des Volkes,
sagt man, besteht ein imperialistischer Zug. Ich glaube, daß eine Welt-
machtpolitik, die sich von Uebertreibungen fernhält, von dem Volke gewünscht
wird, daß eine starke Flotte und ein starkes Heer, eine starke auswärtige
Politik dem nationalen Empfinden entspricht.“
Abg. Herzog (W. V.): „Die bisherigen Ausführungen zum Marine-
etat waren ein Loblied auf die Marineverwaltung und ihre Leitung trotz
des leise grollenden Untertons, den die Ausführungen des Abg. Noske hinein-
getragen haben. Der Etat bietet keine Ueberraschung. Ein gewisses An-
wachsen der Ausgaben der Marine hat ihre natürlichen Ursachen im Wachsen
der Marine und im Wachsen der technischen Fortschritte. Die Wünsche der
Beamten werden ihre Erledigung finden in dem in Aussicht stehenden Be-
soldungsgesetz. Nur die Bureauhilfsarbeiter möchte ich, wie der Vorredner,
den wohlwollenden Erwägungen der Verwaltung empfehlen. Die Auf-
befserung, die ihnen zuteil geworden ist, entspricht nicht den Leistungen
dieser Beamten. Die Erhaltung eines Bestandes altgedienter Anwärter-
unteroffiziere ist in der Marine noch wichtiger als im Landheer. Der
springende Punkt der ganzen Unteroffizierfrage ist die Zivilversorgung,
eine Lebensstellung. Die Regelung der Zivilversorgungsfrage hat eine noch
größere Bedeutung als eine Regelung der Prämiensätze.“ Redner berührt
das Berhältnis zu England und spricht weiter über das Schmiergelder-
wesen und die Folgen des Kruppprozesses. — Abg. Vogtherr (Sd.) ergeht
sich nochmals in scharfer Kritik der schon vom Abg. Noske hervorgehobenen
angeblichen Mißstände in der Marine, namentlich in bezug auf Strafvoll-
streckung und disziplinarische Verhältnisse. Auch spricht er gegen die „Flotten-
treiberei" und hält ein Abrüsten zwischen Deutschland und England für
möglich.
Staatssekretär v. Tirpitz: „Von einigen Rednern, die vor dem
Abg. Vogtherr gesprochen haben, sind sehr zutreffende Worte bezüglich der
Marineunteroffiziere gesprochen worden; ich kann sie nur in jeder Be-