Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreißigster Jahrgang. 1914. Erste Hälfte. (55a)

Das Denisije Reich und seine einzelnen Glieder. (März 7.—10.) 119 
Bagamojo hinaus verdient gemacht. Mit Recht ist er als Kulturpionier 
ersen Ranges gefeiert worden. Wir sind ihm aufrichtigen Dank schuldig, 
und es ist mir eine Genugtuung, daß ich ihm noch kurz vor seinem Hin- 
scheiden auf dem Totenbette die Allerhöchste Anerkennung aussprechen 
konnte. Was die Missionen im allgemeinen betrifft, so schließe ich mich 
den Ausführungen der Vorredner in jeder Beziehung an. Insbesondere 
auch in der Anerkennung der Tätigkeit der Missionare als Kulturbringer 
und väterlicher Berater der Schwarzen. Einverstanden bin ich durchaus 
mit dem Grundsatz des ora et labora, den der Abg. Erzberger aufsgestellt 
hat, nur daß ich mehr Wert auf das labora lege. Für das Sanitätswesen 
in den Schutzgebieten, für die Verarztung der Eingeborenen und Weißen 
wollen wir mehr tun als bisher. Zollfreiheit besteht bereits in den Schutz- 
gebieten hinsichtlich der Gegenstände, die den unmittelbaren Zwecken des 
Gottesdienstes, des Unterrichts und der Krankenpflege dienen. Außerdem 
benchen in einzelnen Kolonien Zollvergütungen. Wir werden ferner in einec 
Untersuchung darüber eintreten, ob diese Zollbefreiungen nicht in einer etwas 
anwendbareren Form, nämlich in die Form von Unterstützungen, umgewan- 
delt werden können. Es haben sich bei der Zollabfertigung doch außer- 
ordentlich große Schwierigkeiten ergeben. Was nun die Erleichterung von 
Landankäufen der Mission betrifft, so bin ich der Meinung, daß die Gou- 
verneure den Missionen entgegenkommen. Sollte dies nicht der Fall sein, 
so bin ich bereit, die Sache zu prüfen. Der Anregung, daß wir den Ele- 
mentarunterricht völlig in die Hand der Missionen legen, stehe ich unter 
gewissen Bedingungen an sich sympathisch gegenüber. Ich habe als Gou- 
verneur von Samoa die Sache so gehandhabt, daß der Elementarunterricht 
in den Händen der Mission war und die Regierungsschulen den höheren 
Unterricht erteilten. Man darf aber nicht vergessen, daß in einzelnen Kolo- 
mien neben den christlichen Konfessionen der Islam als Nationalreligion an- 
erkannt ist. Die mohammedanischen Eltern schicken ihre Kinder grundsätzlich 
rnicht in Missionsschulen, und man kann doch nicht von den Missionen ver- 
langen, daß sie konfessionslose Schulen gründen. Es bleibt also für die be- 
neffenden Kolonien nur der Mittelweg übrig, nach wie vor die Regierungs- 
schulen beizubehalten. Ich glaube, die Mission und die Regierung können 
sich sehr wohl miteinander verständigen. Was die Rechtsfähigteit der Mission 
anbetrifft, so hat die Verwaltung durch das Schutzgebietsgesetz einen Zu- 
stand geschaffen, der auch die Mission befriedigen kann. Die Missionare 
brauchen ja nicht auf die Ausführungsbestimmungen zu warten, sondern 
ite können sich in den Fällen, wo ein Bedürfnis dazu vorliegt, an die 
höhere Stelle wenden. Diese Forderung wird geprüft werden, und der 
Reichskanzler wird die notwendigen Schritte tun. Bisher ist man aber 
mit Wünschen in dieser Beziehung noch nicht an ihn herangetreten. Herr 
Mumm ist auf die Alkoholfrage und den Branntweinhandel zu sprechen 
gekommen. Die Kolonialverwaltung steht jedoch nach wie vor auf dem 
Standpunkt der Alkoholdenkschrift. Es sind schon erhebliche Fortschritte ge- 
macht worden. In Togo, in Kamerun konnten wir in dankenswerter Weise 
mit den Engländern zusammengehen. Wir haben hier durchaus befriedigende 
Verhältnisse geschaffen. Der Branntweinhandel ist in Kamerun und Togo 
in einer bestimmten Zone vollständig verboten, sonst ruht auf ihm ein hoher 
Zoll. Wir werden ihn in Togo noch weiter erhöhen, wenn sich erst die 
französische Regierung bereit erklärt haben wird, damit in Dahome voran- 
zugehen. Wenn man von der Trunkenheit der Eingeborenen spricht, dann 
rührt diese meist nicht von dem eingeführten Alkohol her. Es handelt sich 
hier um von den Eingeborenen selbst hergestellte berauschende Getränke. 
Aber auch hier haben wir alles getan, um dem Laster Einhalt zu tun.
	        
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