130 Des Bernische Reich und seine einzelnen Glieder. (März 13.)
Beschluß ist einstimmig von allen Parteien der Kommission gefaßt worden.
Ich hoffe, daß diese einmütige Stellungnahme ihre Wirkung nicht verfehlen
wird. Die Bedeutung liegt darin, daß mit dem Mythus aufgeräumt wird,
als ob das Duell in allen Fällen etwas besonders Ehrenvolles ist. Ich
leugne nicht, daß es schwere Konflikte geben kann. Aber es kommen auch
Fälle von Roheit und Gemeinheit niedrigster Art vor, die sich hinter der
Form des Duells zu decken verstehen, und wo eine Schonung nicht an-
gebracht ist. Wie gut es gewesen wäre, wenn man dem Verlangen des
Reichstags vom Jahre 1912 stattgegeben hätte, das beweist der jetzige Vor-
fall. Ein wackrer Mann, ein Ehrenmann, darf nicht gezwungen werden,
einem Rohling gegenüberzutreten und diesem Gelegenheit zu geben, ihn
zusammenzuhauen und zusammenzuschießen. In Münster mußte ein Herr,
der unglücklicherweise Reserveoffizier war, deshalb Studenten, die ihn schwer
beleidigt hatten, fordern. In Köln ist ein 71jähriger Mann zum Duell
gefordert worden. Das Ehrengericht entschied jedoch glücklicherweise, daß
der junge Mann den alten Mann um Verzeihung zu bitten habe. Ein
solches System muß sofort abgeschafft werden. Dabei muß nicht bloß der
Reichstag, sondern auch der Bundesrat ein gewichtiges Wort sprechen.
Der Bundesrat, die deutschen Fürsten und die Regierungen sind verant-
wortlich für das Fortbestehen des Duells. Es handelt sich dabei nicht nur
um ein Dutzend Offiziersduelle. Es handelt sich vor allem um ein kolossales
öffentliches Aergernis. Es bedeutet eine schwere Mißachtung der öffentlichen
Rechtsordnung. Wie kann man vom Bürger Gehorsam vor dem Gesetz
verlangen, wenn eine bestimmte Klasse von Staatsbürgern geradezu zur
Gesetzesverletzung gezwungen wird. Dann soll man aber auch bedenken,
ein wie schlechtes Beispiel durch das Offiziersduell für andere gegeben wird.
Unsere Zeit hat ein feines Gefühl für Recht und Gerechtigkeit. Bis in
weite Schichten des Volkes ist die Forderung nach Gleichheit vor dem Gesetz
gedrungen. Daß man ohne das Duell in Offizierskreisen auskommen kann,
beweist das Vorbild Englands. Bundesrat und Reichstag, Fürsten und
Volk sollten gemeinsam dem Duellwesen ein Ende machen.“
Kriegsminister v. Falkenhayn gab folgende Antwort: „Die von
den Interpellanten gestellte Frage, ob es dem Reichskanzler bekannt sei,
daß es zwischen dem Leutnant La Vallette-Saint George vom 98. Iufanterie-
regiment in Metz und dem von ihm in seiner Familienehre schwer ge-
kränkten Leutnant Haage vom selben Regiment zu einer Herausforderung
zum Zweikampf gekommen sei, muß leider bejaht werden. Ein näheres
Eingehen auf die Vorgänge, die die Ursache zum Duell gegeben haben,
bitte ich mir mit Rücksicht auf die Familien der Beteiligten hier vor der
Oeffentlichkeit ersparen zu wollen, um so mehr, als die Gerichte noch nicht
gesprochen haben. Das aber darf ich wohl heute schon aussprechen, daß
der eben gekennzeichnete Tatbestand insoweit vollständig aufgeklärt ist, daß
die Annahme der Interpellanten, daß das Duell unter Bedingungen statt-
gefunden habe, die auf Tötung des Gegners abzielten, nicht zutrifft. Der
Vorredner hat schon selbst ausgesprochen, daß die Bedingungen wesentlich
gemildert worden sind. Ich muß aber zugeben, daß auch unter diesen ge-
milderten Bedingungen ein unglücklicher Ausgang des Duells, wie es die
Ereignisse in traurigster Weise bestätigt haben, immerhin möglich war.
Auf die verspätete Anzeige hat der Ehrenrat erklärt, daß er sich nach Lage
der Sache außerstande sehe, den Ausgleich vorzuschlagen, daß er vielmehr
ein ehrengerichtliches Verfahren für erforderlich halte. Darauf hat der Be-
leidigte nicht geglaubt, eingehen zu können. Der Zweikampf hat am 26. Fe-
bruar in der Nähe von Metz stattgefunden, und in ihm wurde tatsächlich
der Beleidigte erschossen. Ich muß aber bestreiten, daß durch die eben er-