Das Deische Reich und seine einzelnen Glieder. (März 13.) 131
wähnte Erklärung des Ehrenrats der Zweikampf veranlaßt worden ist, denn
der in seinen heiligsten Gefühlen tiefgekränkte Beleidigte hatte, nachdem es
nur mit Mühe gelungen war, ihn von seiner Absicht, sofort zur ungeregelten
Selbsthilfe zu greifen, abzubringen, den Beleidiger unter Nichtachtung der
benehenden Vorschriften schon herausgefordert, ehe er an den Ehrenrat
Anzeige erstattete. Auch hat er den Vorschlag des Ehrenrats, den Ausgang
des ehrengerichtlichen Verfahrens abzuwarten, ebenso schroff abgelehnt, wie
den Versuch des Kartellträgers, ihn zu einem kurzen Aufschub des Duells
zu veranlassen. Hierbei möchte ich betonen, daß dem Ehrenrat vielfach eine
ganz andere Bedeutung beigelegt wird, als er besitzt. Man glaubt, es be-
stebe da ein unbedingter Duellzwang. Das ist aber keineswegs der Fall.
Kein Ehrengericht darf heute einem Offizier einen Vorwurf machen, der
den ehrengerichtlichen Spruch, wie er nach der Erklärung des Ehrenrats
erforderlich ist, abwartet. Und daß es, nachdem der ehrengerichtliche Spruch
abgewartet war, noch zu einem Duell gekommen wäre, ist mir wenig-
stens seit langen Jahren nicht in einem einzigen Fall bekannt geworden.
Für die ehrengerichtlichen Angelegenheiten sind für die Armee einzig und
allein die Allerhöchsten Vorschriften maßgebend, das möchte ich den Aus-
führungen des Abg. Gröber, der sich auf die Schrift des Obersten Spohn
stützte, entgegenhalten. Die ehrengerichtlichen Vorschriften kennt jeder Offizier
so genau, daß es für das Offizierkorps eines Kommentars hierzu nicht
bedarf. Weder ich, noch irgendeiner der Herren hier, die früher Regiments-
kommandeure waren, bedürften eines Kommentars, um das Offizierkorps
im Sinne der Allerhöchsten Vorschriften zu belehren. Nach diesen Vor-
schriften hat der Ehrenrat ebensowenig die Macht und die Befugnis, ein
Duell zu veranlassen, wie er die Macht und Befugnis hat, ein Duell zu
verhindern, das die Beteiligten unbedingt wollen. Er muß mit allen
Mineln auf einen Ausgleich bei Ehrenhändeln, soweit es irgend denkbar
ist. hinwirken, er soll die Beteiligten auf die schweren Folgen, die für sie
der Zweikampf haben kann, hinweisen. Ueber die weitere Tätigkeit des
Ehrenrats will ich nicht sprechen. Der Hüter seiner Ehre ist in jedem Falle
der Offizier selbst und allein. Hiernach kann ich behaupten, daß die Be-
handlung des vorliegenden Falles durch den Ehrenrat nicht wider Gesetz
und Recht verstößt, und in dieser Ueberzeugung machen mich auch die Aus-
führungen und Darlegungen des Abg. Gröber nicht irre. Zunächst spricht
für mich auch die Tatsache, daß die Rechtsprechung auf meiner Seite steht.
Dann aber will es mir nicht denkbar erscheinen, daß ein Kartellträger,
wenn er sich bemüht, einen Ausgleich herbeizuführen, nach dem Gesetz straf-
bar sein soll. Wenn ich mich nun der dritten Interpellationsfrage zuwende,
welche Maßregeln der Reichskanzler zu ergreifen gedenke, um dem Zwei-
kamof im Heere wirksam entgegenzutreten, so ist zu bemerken, daß das
Duellvorkommen sich durchaus nicht auf Heer und Marine beschränkt. Ihm
allgemein entgegenzutreten, ist nur auf gesetzgeberischem Wege denkbar.
Das Duell kommt nicht nur im Heere und in der Marine vor, sondern auch
in anderen Kreisen des Volkes. Ich wiederhole: dem Duell allgemein im
ganzen Volk entgegenzutreten, ist nur mit gesetzgeberischen Maßregeln mög-
lich. Die Frage, inwiefern solche gesetzlichen Maßnahmen nützlich und
möglich sein werden, wurde, wie es dem hohen Hause bekannt ist, bei der
Zorberatung des neuen bürgerlichen Strafgesetzbuches ernstlich geprüft,
auch hat sich ja die Duellkommission des Reichstags sehr eingehend mit
dieser Frage beschäftigt. Die derartigen Bemühungen zu verdankenden Ge-
setze werden, wie der Reichskanzler vertrat, auch dem Heere und der Marine
zuqgute kommen. Unabhängig davon sind alle maßgebenden Stellen im Heere
unablässig bemüht, auf erzieherischem Wege eine Besserung in dieser Hin-
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