Das Desche Reich und seine einzelnen Glieder. (März 13.) 133
richtig lI.). Vor einer halben Stunde hätten Sie „Sehr richtig" sagen
können, nach dem, was ich aber vorher gesagt habe, konnten Sie es un-
moglich. Ein solcher förmlicher, sormaler Duellzwang besteht im Heere nicht.
Große Unruhe bei den Sd., Rufe: Geheimer!) Wenn Sie die Güte haben
wollen, mich aussprechen zu lassen — wenn man überhaupt von einer solchen
Plilicht reden will, so kann man damit nur den Trieb oder Zwang der Empörung
meinen, der im gegebenen Falle grober Ehrverletzung nicht nur in der Brust des
Offiziers und damit nicht nur in jeder Gemeinschaft von Offizieren, sondern auch
im Herzen vieler Männer des Volkes lebt und neu auflebt, es ist der Trieb, dem
es unerträglich scheint, daß bei dem Verhalten gegenüber einer Ehrverletzung
der begründete Verdacht auf Mangel an Mut, an Entschlußkraft entstehen könnte,
der es nicht dulden zu können glaubt, daß derjenige, der die Ehre eines anderen
verletzt hat, sich nun auch noch der Herausforderung desselben, mag sie zu
Recht oder Unrecht erfolgen, entziehen darf. Das Duell ist ein gänzlich
untaugliches Mittel, das hat der Abg. Gröber besser gesagt, als ich es kann,
den Schuldigen zu bestrafen, und ebenso untauglich zur Ausübung der
Rache. Derartige Gedanken spielen bei ihm auch, wenn überhaupt, so eine
nebensächliche Rolle. Eine ganz andere Empfindung ist es, die den Be-
leidigten treibt und zwingt, sich über Recht und Gesetz hinwegzusetzen; es
ist die Empfindung, daß die Beleidigung eine doppelte Schmach ist, weil
sie gleichzeitig die Anzweiflung der Mannhaftigkeit des Beleidigten in sich
schließt. In dem Duell, wo er sich offen der gleichen Wafse des Gegners
gegenüberstellt, hofft er, sich das Ansehen bei den Standesgenossen, das er
erschüttert wähnt, wieder erringen zu können, er hofft dies, denn er glaubt,
durch das Duell vor der Welt zeigen zu können, daß ihm die Ehre höher
sieht als das Leben. (Unruhe l., Glocke des Präsidenten.) Gewiß gehört
der Mut, der so gezeigt wird, mehr in das physische als in das moralische
Gebiet, aber es ist doch Mut, also eine Eigenschaft, die der Soldat als
Vorbedingung seiner Existenzberechtigung aufs höchste zu schätzen gewohnt
ist. Solche Anschauungen mag man für richtig oder für unrichtig halten,
sie niedrig zu achten, hat niemand das Recht. Sie ändern sich nicht durch
Gewalt, aber sie ändern sich durch die Einwirkung der Zeit. Was kein
Verbot und keine drakonische Strafandrohung vermocht hat, hat die Zeit
mit ihren wechselnden Lebensanschauungen auch bei uns getan, sie hat das
Duell auf eine ganz kleine Zahl zurückgebracht. Sicher haben vor sechzig
Jahren selbst nur wenige Landtagsabgeordnete das berühmte Duell Bismarck-
Vincke für vermeidbar gehalten; unter den heutigen Verhältnissen wäre
unter gleichen Voraussetzungen ein Ausgleich in der Armee überhaupt
ganz selbstverständlich. Ein solches Beispiel zeigt am klarsten, welche ge-
waltigen Veränderungen auf dem Gebiete vor sich gegangen sind. Zum
Schluß darf ich nicht verschweigen, daß ich persönlich eine Ausrottung der
Anschauung von Ehre, die noch hin und wieder leider zum Duell führt,
für kein Glück halten würde. Wenn man die Dinge recht betrachtet, hat
die Frage der Einschränkung der Duelle mit dem Zurückdrängen dieser
Anschauung wenig zu tun. Sie ist ja nicht die Quelle der Zweikämpfe,
das ist vielmehr die Gesinnung, welche schwere Ehrverletzungen des einen
Kameraden gegen den andern leider immer noch möglich macht. Diese
Gesinnung tritt in der Armee selten zutage, aber sie ist leider, wie
wir am Falle Metz sehen, noch da, und ihr muß unser Kampf gelten.
Nicht glaube ich, daß man mit Verboten viel gegen sie ausrichten dürfte,
um so sicherer aber wird man gegen sie ankämpfen auf dem Wege, den
wir seit langen Jahren in der Armee beschritten haben und auf dem
fortzuschreiten wir nicht erlahmen werden, auf dem Wege der Er-
ziehung der Offiziere im Geiste wahrer Ritterlichkeit und wahrer christ-