Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreißigster Jahrgang. 1914. Erste Hälfte. (55a)

138 Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (März 13. 14.) 
21257 Ansiedlungsstellen und 115 Häuslerstellen vergeben und damit 
21372 Ansiedlerfamilien mit 128232 Köpfen angesetzt worden. Die ge- 
samte deutsche Bevölkerung der Ansiedlungsgüter und gemeinden beträgt 
etwa 151000 Personen. Aus zurückgelegten Ländereien und dem noch nicht 
verwandten Ueberschuß des Landerwerbs sind 21848 ha als reines Stellen- 
land für die Besiedlung noch übrig: diese genügen für etwa noch zu ver- 
gebende 1880 Ansiedlerstellen. 
Eine weitere Handhabe zur Kräftigung des Deutschtums in der Ost- 
mark bietet das Besitzfestigungsgesetz, das die Umwandlung bäuerlicher 
Stellen und größerer Güter, deren Bleiben in deutscher Hand bedroht ist, 
in Ansiedlungsrentengüter ermöglicht. Es wurden im Jahre 1913 1736 
bäuerliche Stellen (30 555 ha) und 45 größere Güter (20632 ha) im Besitz 
gesestigt. Außerdem schwebte Ende des Jahres noch das Verfahren für 
2717 bäuerliche Stellen und 80 größere Güter. Natürlich konnten nicht 
alle Anträge berücksichtigt werden; manche (etwa ein Drittel von etwa 
18000) mußten zurückgewiesen werden, weil die Belastung die zulässige 
Beleihungsgrenze überstieg. Im ganzen sind bis jetzt 9373 bäuerliche Stellen 
mit 180619 ha und 209 größere Güter mit 99466 ha im Besitz gefestigt 
worden. Diese Zahlen und Ergebnisse beweisen besser als alle andern Er- 
örterungen, daß das schwierige und langwierige Ansiedlungswerk doch rüstig 
auf dem Vormarsch begriffen ist, wenn auch der Zuwachs für das Deutsch- 
tum in den einzelnen Jahren je nach den Mitteln, je nach Angebot und 
Nachfrage schwankte. Die mitgeteilten Zahlen über die 1913 eingelaufenen 
Ansiedlungsanträge (7874, davon nur 241 von katholischen Bewerbern, be- 
weisen die vom gentrum häufig mit Unrecht bezweifelte Unparteilichkeit der 
Ansiedlungskommission in der Auswahl der Ansiedler; denn von den im 
ganzen bis jetzt vorhandenen 21257 Ansiedlern sind 20589 evangelisch und 
668 katholisch. Dieser Bestand entspricht ziemlich genau dem VWerhältnis. 
der von Protestanten und Katholiken 1913 eingereichten Anträge (7633:241). 
13. März. Uber die deutsch-russischen Beziehungen schreibt die 
„Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ halbamtlich: 
„Die „Petersburger Börsenzeitung“" bringt nach telegraphischer Mel- 
dung einen Artikel in Sperrdruck, der sich über den hohen Stand der rus- 
sischen Heereseinrichtungen verbreitet und deren offensive Kriegsbereitschaft 
neben der Erwähnung der friedlichen Tendenzen der Politik des Zaren 
unterstreicht. Wir fühlen kein Bedürfnis, an dem gewiß berechtigten Lobe 
des russischen Heeres Kritik zu üben, vermögen aber auch keinen Grund 
zur Beunruhigung daraus herzuleiten. Vielmehr ist die Zuversicht begründet, 
daß dergleichen auf den Ton kriegerischer Ueberlegenheit gestimmte Er- 
örterungen die guten Beziehungen der beiderseitigen Regierungen ebenso- 
wenig stören können, als es der unbegründete Alarmruf getan hat, der neulich 
in einer Petersburger Korrespondenz eines deutschen Blattes enthalten war. 
Ueberhaupt wäre es verkehrt, eine entscheidende Bedeutung für die Gegen- 
wart darin zu erblicken, wenn sich von Zeit zu Zeit mit Hilfe von Tinte 
und Druckerschwärze die alte Erfahrung bestätigt, daß durch nationalistische 
Erregungen die feststehende Ehrlichkeit der offiziellen Friedenspolitik zu 
kompromittieren versucht wird. Wir stimmen mit der „Rossija“ ganz darin 
überein, daß die Regierungen der beiden benachbarten Kaiserreiche nicht 
die Absicht haben konnen, über die „Legende“ von der russisch-deutschen 
Freundschaft ein Kreuz zu machen.“ 
14. März. Reichstagsersatzwahl im 2. posenschen Wahlkreise 
Samter-Birnbaum. Es erhielten Prälat Klos (P.) 16439. Ritter-
	        
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