Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreißigster Jahrgang. 1914. Erste Hälfte. (55a)

Das Veutsche Reich und seine einfeluen Glieder. (Mai 12.—14.) 275 
kamerun. Das Gebiet der Makkars muß saniert werden. Wir hoffen also, 
wie gesagt, auch in Neukamerun der Schlafkrankheit Herr zu werden. Ich 
gebe zu, daß das sehr viel Geld kostet und sehr viel Zeit braucht. Aber 
trotzdem hoffen wir, zum Ziele zu kommen, wie es den Engländern in 
anderen Gebieten gelungen ist. Die Erfolge der Medizin werden noch 
größer werden, wenn noch größere Mittel bewilligt werden. Vor allen 
Dingen muß die Kultur in diese Gebiete getragen werden. Ich komme nun 
zu dem Hauptthema, das Sie gestern und heute beschäftigt hat, zur Ent- 
eignung der Dualas. Ich bin im vorigen Jahre in Kamerun gewesen und 
habe mir das Land und das Volk der Dualas angesehen. Die Dualahäupt- 
linge haben sich sofort mit einer sehr schwungvoll aufgesetzten Petition, 
worin sie um eine Audienz baten, an mich gewandt. Ich habe diese Audienz 
der Häuptlinge abgelehnt, und ich habe gesagt, mit dem gesamten Volke 
der Dualas wolle ich gern verhandeln. Ich habe in dieser Verhandlung 
die Ueberzeugung gewonnen, daß die Hauptschwierigkeiten der Enteignung 
nicht vom Volke selbst, sondern von den Häuptlingen ausgingen. Der 
Hauptwortführer war gerade der vielgenannte Manga Bell. Er hat auf 
mich denselben glatten polierten Eindruck gemacht wie auf den Abg. 
Dr. Arendt. Ich habe aber doch zuviel Neger kennen gelernt, als daß ich 
mich durch ihre äußere Politur beeinflussen ließe. Der Manga Bell hielt 
eine geradezu glänzende Rede. Er könnte sich sofort an dieses Katheder 
stellen und Ihnen eine rhetorische Leistung bieten, um die ihn mancher be- 
neiden könnte. Er sagte, was Du auch befiehlst, wir werden gehorchen, und 
dem, was ich sage, wird mein Volk gehorchen. Nach dem Gesagten schöpfte 
ich einige Hoffnungen, daß wir in bezug auf die Enteignung zu einem 
günstigen Resultate kommen würden. Ich sah mir die Ländereien an, wo 
die Duala wohnen, und wo sie wohnen sollen. Wir ritten in größeren Ge- 
sellschaften hinaus und haben uns alles angesehen, auch die Sümpfe und 
das sogenannte Ueberschwemmungsgebiet, das wir allerdings nicht gesunden 
haben. Herr Dr. Halpert meint nun, ich hätte mir bei meinem Besuch der 
Kolonie Potemkinsche Dörfer vormachen lassen. Das ist nicht der Fall; das 
hätte wohl der Gouverneur Ebermaier auch nie gewagt. Ich habe mir 
keine Potemkinschen Dörfer aufdrängen lassen, ich habe mit meinen eigenen 
Augen mehr gesehen, als Sie aus hundert Petitionen und Denkschriften 
ersehen können, um die Verhältnisse des Landes und den Charakter des 
Bolkes kennen zu lernen. Wenn Sie der Denkschrift nicht trauen, trauen 
Sie mir als einem Manne, der viel in den Kolonien war, der die Tropen 
kennt und der bereit ist, Ihnen die Wahrheit ungeschminkt zu sagen. Die 
guten Eigenschaften der Duala habe ich Ihnen ja schon geschildert. Ich 
habe gesehen, daß die neuen Ländereien, wenn sie für die Eingeborenen 
fertiggestellt sein werden, den Vergleich mit den alten durchaus nicht zu 
scheuen haben; besser ist in dem, was die Regierung den Leuten gibt, die 
Anordnung der Stadt und der Dörfer, die Reinlichkeit der Straßen und 
Häuser, die sanitären Einrichtungen usw. Es wurde behauptet, daß die 
große Entfernung dieser neuen Ländereien von der alten Heimat ein Nach- 
teil für die Leute ist. Das würde zutreffen, wenn man die Duala als arme 
Fischer ansieht, die vom Fischfang leben müssen, aber das haben die Duala 
sich längst abgewöhnt, es sind Leute, die Geschäfte machen wie die Weißen — 
auch in dieser Beziehung können Sie meinen Worten trauen, wenn Sie 
der Denkschrift nicht trauen wollen. Ob nun die Eingeborenen einen Kilo- 
meter weiter zu ihren Fischdörfern gehen oder nicht, ist bei den weiten 
Entfernungen ziemlich gleichgültig; ich glaube also, daß der von dem Frei- 
herrn von Rechenberg befürchtete Umschwung der Verhältnisse nicht ein- 
treten wird. Einen von dem Abg. Braband in der Kommission und im 
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