Ns Beutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (September 7.) 398a
ein Mißverständnis vorliege. Dieses Telegramm sei nicht veröffentlicht
worden.
Zu dieser Behauptung wird von deutscher amtlicher Seite festgestellt,
daß ein solches Telegramm nicht existiert. Bei dieser Gelegenheit werden
die drei Telegramme mitgeteilt, die Fürst Lichnowsky außer den schon ver-
öoffentlichten am 1. August abgesandt hat, nämlich:
1. Um 115 nachm.: Der Privatsekretär Sir E. Greys war eben bei
mir, um mir zu sagen, der Minister wolle mir Vorschläge für die Neutralität
Englands machen, selbst für den Fall, daß wir mit Rußland wie mit
Frankreich Krieg hätten. Ich sehe Sir Edward Grey heute nachmittag
und werde sofort berichten.
2. Um ½6 abends: Sir E. Grey las mir soeben die nachstehende
Erklärung vor, die im Kabinett einstimmig gefaßt worden war: „Die Ant-
wort der deutschen Regierung bezüglich der Neutralität Belgiens ist ungemein
bedauerlich, weil die Neutralität Belgiens die Gefühle dieses Landes angeht.
Wenn Deutschland einen Weg sehen könnte, die gleiche positive Antwort zu
geben, wie diejenige, die von Frankreich gegeben worden ist, würde dies
wesentlich dazu beitragen, die Besorgnis und die Spannung hier zu beheben,
während es auf der anderen Seite äußerst schwierig sein würde, die öffentliche
Stimmung in diesem Lande zurückzudämmen, wenn eine Verletzung der
Neutralität Belgiens durch einen der Kämpfenden stattfände, während der
andere sie respektierte."
Auf meine Frage, ob er unter der Bedingung, daß wir die belgische
Neutralität wahrten, mir eine bestimmte Erklärung über die Neutralität
Großbritanniens abgeben könne, erwiderte der Minister, das sei ihm nicht
möglich, doch würde diese Frage eine große Rolle bei der hiesigen öffentlichen
Meinung spielen. Verletzten wir die belgische Neutralität in einem Kriege
mit Frankreich, so würde sicherlich ein Umschwung in der Stimmung ein-
treten, die es der hiesigen Regierung erschweren würde, eine freundliche
Neutralität einzunehmen. Vorläufig beständen nicht die geringsten Absichten,
gegen uns feindlich vorzugehen. Man würde dies, wenn irgend möglich,
zu vermeiden wünschen. Es ließe sich aber schwerlich eine Linie ziehen,
bis wohin wir gehen dürften, ohne daß man diesseils einschreite. Er kam
immer wieder auf die belgische Neutralität zurück und meinte, diese Frage
würde jedenfalls eine große Rolle spielen. Er habe sich auch schon gedacht,
ob es denn nicht möglich wäre, daß wir und Frankreich uns im Falle
eines russischen Krieges bewaffnet gegenüber stehen blieben, ohne uns an-
zugreifen. Ich frug ihn, ob er in der Lage wäre, mir zu erklären, daß
Frankreich auf einen derartigen Pakt eingehen würde. Da wir weder
Frankreich zerstören, noch Gebietsteile erobern wollten, könne ich mir denken,
daß wir uns auf ein derartiges Abkommen einlassen würden, das uns die
Neutralität Großbritanniens sichere. Der Minister sagte, er wolle sich er-
kundigen, verkannte auch nicht die Schwierigkeiten, beiderseitig das Militär
in Untätigkeit zurückzuhalten.
3. Um ½9 abends: Meine Meldung von heute früh ist durch meine
Meldung von heute abend aufgehoben. Da positiver englischer Vorschlag
überhaupt nicht vorliegt, erübrigen sich weitere Schritte im Sinne der mir
erteilten Weisungen.
7. September. Eine große Anzahl deutscher Gelehrter von
Weltruf verzichtet in einer scharfen Erklärung auf die Auszeich--
nungen und damit verbundenen Rechte, die ihnen von englischen